BundesratStenographisches Protokoll799. Sitzung / Seite 20

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Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Keuschnigg. Ich erteile es ihm und mache noch einmal darauf aufmerksam, dass entsprechend der Vereinbarung in der Präsidialkonferenz die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte schön.

 


9.13.28

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher an den Fernsehschirmen! Das Thema der Aktuellen Stunde lautet: Gemeinsame Agrarpolitik – Chancen und Risken für die österreichische Land­wirtschaft. Ich darf ganz offen und ehrlich sagen, dass uns diese Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik durchaus große Sorgen macht und dass der Begriff „Risken“ in diesem Titel seine Berechtigung hat. Seit Wochen und Monaten bereitet man sich intensiv auf diese neuen Verhandlungen vor, wird eine Strategie erarbeitet, werden hinter den Kulissen Partner gesucht, um für die österreichische Landwirtschaft eine bestmögliche Ausgangslage zu erreichen.

Warum diese Sorge? – Weil die österreichische Landwirtschaft derzeit anerkannter­maßen eine führende Rolle in Europa im Hinblick auf eine kleinstrukturierte, ökoso­ziale, umweltgerechte, flächendeckende Landwirtschaft innehat und Österreich derzeit im Vergleich zu den anderen europäischen Mitgliedstaaten mit Abstand den größten Anteil der Budgetmittel für die ländliche Entwicklung ausgibt. Wir haben durch eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts auch den Beweis dafür, dass diese Strategie der österreichischen Agrarpolitik im Hinblick auf Impulse für die ländliche Entwicklung, für den ländlichen Raum als Ganzes auch von Erfolg gekrönt ist. Wir haben in Österreich im Unterschied zu allen anderen Mitgliedstaaten im ländlichen Raum deutlich höhere Wirtschaftswachstumsraten, und das beweist, dass dieser Mittelfluss ganz einfach den Wirtschaftsstandort, den Lebensstandort am Land stärkt.

Die Gemeinsame Agrarpolitik ist der wesentliche Hebel, das ganz entscheidende politische Instrument, um das auch in Zukunft so zu halten.

Wir haben im Jahr 1994 – ich darf Sie kurz in die jüngere Geschichte entführen – bei den österreichischen Bauern mit einem sogenannten Europavertrag um ihr Vertrauen für den Beitritt zur Europäischen Union geworben, und dieser Europavertrag ist mit sehr diversifizierten Instrumenten eingehalten worden: Mit dem ÖPUL, dem Programm für eine umweltgerechte Landwirtschaft, mit den Ausgleichszulagen für die Berg­gebiete, mit den Marktordnungszahlungen – sehr kompliziert, jeweils nach Branche unterschiedlich – hat man dieses Vertrauen nicht nur damals beim EU-Beitritt, sondern auch in den letzten drei Finanzperioden durchgehalten und hat es immer einhalten können. Jetzt geht es einfach darum, dass wir dieses Vertrauen des Sektors in die gemein­same Politik der Bundesländer, der Republik Österreich und der Europäischen Union auch für die Zukunft gewährleisten.

Wir hatten vor wenigen Wochen hier im Hohen Haus eine Enquete, bei der alle politischen Parteien vertreten waren, bei der Bauernorganisationen vertreten waren, Bäuerinnen und Bauern, im Nationalratssitzungssaal, und bei dieser Enquete ist beklagt worden – ich sage: zu Recht; ich stehe auch hinter dieser Zahl –, dass Österreich in den letzten Jahren 50 000 landwirtschaftliche Betriebe verloren hat. Ich sage aber dazu – das ist damals nicht im entsprechenden Ausmaß zum Ausdruck gekommen –: Ohne diese Politik, die wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten ge­macht haben, ohne diesen agrarpolitischen Mix aus Direktzahlungen, aus Inves­titions­zahlungen, aus Bildung, aus Sektorentwicklung, hätten wir 100 000 und mehr Betriebe verloren. Ich glaube daher, wir haben eine sehr erfolgreiche Politik gemacht, und diese Politik steht jetzt erneut auf dem Prüfstand.

 


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