BundesratStenographisches Protokoll799. Sitzung / Seite 156

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Ich denke, dass im Bereich dieses Kriegsmaterialgesetzes zwei Aspekte sehr wichtig sind: zum einen der Aspekt, den ich schon genannt habe, betreffend die Ausfuhr von Kriegsmaterialien in Staaten, in denen Kriegssituationen vorherrschen, und auch in demokratische Staaten, in denen Menschenrechte verletzt werden, und zum anderen der für mich sehr wichtige Aspekt der wachsenden Rüstungsindustrie.

Ich bin der Meinung, dass gerade das Thema Abrüstung auch in Zukunft wieder eines der zentralen politischen Themen werden sollte, denn ich halte es für eine fehlgeleitete Politik, wirtschaftlich auf dem Rüstungssektor aufzubauen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Man sieht ja, dass in vielen EU-Staaten diese Ausgaben in den letzten Jahren rasant gestiegen sind. Mir fällt da immer das Beispiel Griechenland ein. Griechenland mit seiner Schuldenkrise ist eines der Länder mit den höchsten Militärausgaben. Ich denke mir, dass man eben diese Ausgaben in anderen Bereichen tätigen könnte.

Genauso, wie wir heute den Ausstieg aus der Atomenergie fordern, so müssen wir auch wieder stärker Abrüstung in Europa fordern. Ich bringe diesen Vergleich des­wegen, weil die Gegenargumente oft ähnlich sind. Die Befürworter der Atomenergie zum Beispiel sagen immer, dass der Ausstieg aus diesem Energiesektor den Energiebereich an sich gefährden könnte und dass wirtschaftlich viel davon abhängt. Das sind die gleichen Argumente, die auch immer vorgebracht werden, was die Rüstungsindustrie betrifft. In Deutschland allein gibt es an die 80 000 Beschäftigte im Rüstungssektor. Ich bin der Meinung, dass das der falsche politische Ansatz ist, weil eben sowohl die Atomenergie wie auch die Rüstungsindustrie in Wirklichkeit, wenn auch nicht für uns unmittelbar, so doch indirekt, negative Auswirkungen auf die Men­schen haben.

Aber zurück zu dieser Gesetzesänderung. Ich habe schon gesagt: Mit dieser Geset­zesänderung werden wir die EU-Richtlinie umsetzen. Es wäre aber für mein Dafürhalten auch wichtig, in Zukunft auch den gemeinsamen Standpunkt des EU-Rates – das ist heute schon erwähnt worden – legistisch zu berücksichtigen. Ich halte diesen gemeinsamen Standpunkt für sehr, sehr wichtig, denn er ist im Gegensatz zum bisherigen EU-Verhaltenskodex ein verbindliches Kontrollinstrument für Waffenaus­fuhren und sieht ja auch die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologien und Militärgütern mit der Anwendung von gemein­samen Mindestkriterien vor.

Ich empfinde es als politischen Fortschritt und erwähne den gemeinsamen Standpunkt auch deswegen, weil er auch Kriterien enthält, die über unsere Kriterien im Artikel 3 des Kriegsmaterialgesetzes hinausgehen. Deshalb wäre es empfehlenswert, in Zukunft einmal anzudenken, auch diesen Katalog der Genehmigungskriterien zu übernehmen. Andernfalls wäre ich der Meinung, dass wir diesem Harmonisierungsbestreben der Europäischen Union doch nicht ganz gerecht werden.

Dankenswerterweise haben uns Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Innenministe­riums auch dahin gehend informiert, dass es nicht notwendig sei, diesen gemeinsamen Standpunkt jetzt dezidiert hineinzunehmen, weil es ja auch ein völkerrechtlicher Vertrag sei und das Kriegsmaterialgesetz ja auch auf völkerrechtliche Verpflichtungen verweist. Das mag schon sein, aber dass der gemeinsame Standpunkt völkerrechtliche Bindungswirkung entfaltet, ergibt sich erst aus dem inhaltlichen Kontext. Ich meine, im Sinne der Rechtssicherheit wäre es jedenfalls besser, den in nationales Recht umzusetzen.

Ich komme zum Schluss und stelle fest: Trotz allem muss man festhalten, dass diese europäischen Vorgaben doch immer nur Mindeststandards sind und uns niemand daran hindert, hier eine restriktivere Politik zu verfolgen. Das sagt auch der gemein­same Standpunkt ausdrücklich.

 


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