BundesratStenographisches Protokoll801. Sitzung / Seite 11

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Was gehört alles zum öffentlichen Dienst und wer übt ihn aus? – Die primäre Aufgabe bildet die Vollziehung der Gesetze durch Ämter und Behörden der Gebietskörperschaf­ten und der Körperschaften öffentlichen Rechts, wie dies im föderalistischen System unserer Bundesverfassung festgelegt ist.

Viele Gebietskörperschaften, in erster Linie aber der Bund, haben im letzten Jahrzehnt große Bereiche ihrer wahrzunehmenden Aufgaben in die Privatwirtschaft ausgeglie­dert. Diese Maßnahmen waren nicht immer erfolgreich, das beweisen Finanznöte dies­er Institutionen, denken wir nur an den Universitätsbereich. Ganz zu schweigen von den arbeitsrechtlichen und persönlichen Problemen des betroffenen Personals.

Damit komme ich zur Personalsituation des öffentlichen Dienstes und der arbeitsrecht­lichen Problematik.

In der Nachkriegszeit sah das Gehaltsüberleitungsgesetz 1946 nur öffentlich-rechtliche Bundesdienstverhältnisse vor und war noch von den Grundsätzen der aus der Monar­chie stammenden Dienstpragmatik 1914 geprägt.

Das Bild des pragmatisierten Beamten mit eigenständigen gesetzlich geregelten Besol­dungs- und Pensionsansprüchen mit Rechtsverfolgung im behördlichen Verwaltungs­verfahren blieb erhalten. Erst durch das Vertragsbedienstetengesetz 1948 wurde eine zweite Kategorie von Bediensteten geschaffen, für die ein privatrechtliches Arbeitsrecht gilt.

Die Bundesländer haben diese Regelung im Wesentlichen rezipiert.

Erst nach Abschluss des Staatsvertrages begann bundesweit eine Epoche der Gesetz­gebung, die das öffentliche Dienstrecht laufend umgestaltete. Während das Vertrags­bedienstetengesetz 1948 bis heute weiterbesteht, ist das Beamtendienstrecht durch neue Regelwerke völlig verändert worden, wie das Gehaltsgesetz 1956, das Pensions­gesetz 1965 und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, unter Beibehaltung des öf­fentlich-rechtlichen Charakters.

Alle diese Gesetze sind durch viele Novellierungen mit Übergangsbestimmungen und Zusätzen fast unlesbar geworden. Erforderlich ist daher nicht nur eine formale Berei­nigung, sondern auch eine umfassende und zeitgerechte Regelung materieller Inhalte.

Auch die Bundesländer waren in ihrem eigenständigen Gesetzgebungsbereich in die­sem Jahr nicht untätig. Da das ursprünglich in der Bundesverfassung verankerte Ho­mogenitätsprinzip aus der Verfassung entfernt wurde, wonach die Dienstrechte des Bundes und der Länder in ihren Grundzügen nicht wesentlich voneinander abweichen durften, bestehen heute Diskrepanzen gegenüber dem allgemeinen Arbeitsrecht in der Privatwirtschaft und bei den Gebietskörperschaften untereinander.

Ungleichheiten werden leider oft in Neidkomplexe umgewandelt. Das ist immer dann der Fall, wenn beim Vergleich Besserstellungen behauptet werden oder tatsächlich be­stehen.

Eine Reform des öffentlichen Dienstes in seiner Vielfältigkeit ist abhängig von einer Re­form der Aufgabenstellung. Diese wiederum ist Gegenstand der heftigen politischen Auseinandersetzungen über Themen wie Verfassungs-, Bildungs-, Heeres- und Ge­sundheitsreform.

Umfassende Dienstrechtsreformen allein sind nicht wirklich wirkungsvoll, wenn eine Zielsetzung hinsichtlich dieser veränderten Aufgabenstellung fehlt. Die Frau Bundesmi­nisterin für Frauen und öffentlichen Dienst hat zu dieser Problematik einen Beirat, be­stehend aus sechs unabhängigen Fachleuten, um eine Expertise ersucht, die nunmehr als Beiratsbericht unter dem Titel „Perspektiven des öffentlichen Dienstes. 7 Thesen – 50 Empfehlungen“ vorliegt (die Rednerin zeigt ein Exemplar des Berichtes) und Ihnen allen zur eingehenden Information und als Diskussionsgrundlage zugegangen ist.

 


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