BundesratStenographisches Protokoll802. Sitzung / Seite 87

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Ein vierter Punkt, der mir auch sehr wichtig ist, ist folgender: Ich habe die Volksanwälte im Ausschuss gefragt, ob das eine Empfehlung oder nur eine Feststellung ist. Öster­reich ist, so wie der UN-Konvention für Kinderrechte, auch der UN-Konvention für Be­hindertenrechte beigetreten. Und bei der UN-Konvention für Behindertenrechte ist ei­nes der großen Prinzipien die Barrierefreiheit, nämlich Barrierefreiheit für Menschen mit allen Arten von Gebrechen.

Diesbezüglich stellt die Volksanwaltschaft eines fest – und das sollten wir mitnehmen, denn wir haben jetzt in diesem Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen, Zeit; es gibt ja nicht oft die Chance, dass wir Zeit haben –: Die Barrierefreiheit soll bis 2015 in Öster­reich weitestgehend verwirklicht werden.

Weil das nun gestreckt wurde auf 2019, warnt die Volksanwaltschaft, dass das ein wirklicher Bruch mit der UN-Konvention und mit unserer Verpflichtung aus der UN-Kon­vention ist. Und wir sollten hier sowohl auf den Bund als auch auf die Länder einwirken, am ursprünglichen Ziel, nämlich die Barrierefreiheit bis 2015 herzustellen, mit aller Kraft festzuhalten, anstatt zu sagen: 2019.

Nun komme ich zum Schluss. Ich beginne mit der Frau Landeshauptfrau Burgstaller, die den bemerkenswerten Satz gesagt hat, wir müssen aufhören, in Grenzen zu leben. Sie meinte damit die Landesgrenzen. In jedem Volksanwaltschaftsbericht, den ich aus den letzten zehn Jahren im Haus kenne, gibt es einen, zwei, drei, vier Fälle von extre­men Grenzen, aber das sind Grenzen, dagegen ist manchmal der frühere und nun­mehr gefallene Eiserne Vorhang nahezu eine überwindbare Grenze: das ist in der Schul- und Bildungsverwaltung.

Auch in diesem Bericht ist wieder so ein Fall festgestellt. Wenn es für Eltern aus Nie­derösterreich viel leichter ist, ihre Kinder in einem Kindergarten in Wien unterzubringen als in Niederösterreich, ist das unmöglich!

Mir hat heute ein Kollege von einer niederösterreichische Lehrerin erzählt, die aus ir­gendwelchen Gründen, und sei es die Liebe gewesen, in Tirol angefangen hat zu un­terrichten, aber jetzt nach Niederösterreich zurückwill – es ist nicht möglich! Die kämpft seit drei Jahren – seit drei Jahren! Sie will eigentlich nur Lehrerin sein. Sie war in Tirol Lehrerin, und jetzt möchte sie in Niederösterreich, dort, wo sie herkommt, weiter Leh­rerin sein. Wir haben in unserem Bildungssystem Grenzen aufgebaut ... (Bundesrat Kainz: Bewerben muss sie sich einmal!) – Nein, sie muss jemanden finden, der von Niederösterreich ersatzweise nach Tirol geht. (Volksanwältin Dr. Brinek: Ja, das ist die Regel!) Das ist die Regel! Bitte, die Frau Volksanwältin sagt es, das ist die Regel.

Jetzt musst du jemanden in Niederösterreich finden, der sagt, okay, tauschen wir, ich gehe nach Tirol. Und was passiert dann in Tirol? Die sagen demjenigen, ja, du kannst nach Tirol kommen, aber du verlierst deinen Rechtsstatus als Beamter – du kannst als Vertragsbediensteter anfangen! Da müssen Sie erst einmal jemanden finden, der Ich­nen den Ersatz macht! Das ist ein Irrsinn!

Da wir heute schon über einen bürgernahen, modernen Föderalismus gesprochen ha­ben: In jedem Bericht ist so etwas zu finden! Jedes Jahr erzählt uns die Volksanwalt­schaft von solchen Fällen! Und jedes Jahr schaffen wir es nicht, hier ein bisschen Fle­xibilität im Sinne der Bevölkerung hineinzubringen. Die Leute fragen ja uns, und wir ha­ben denen das zu erklären! Ich denke, im Bildungsbereich muss das einfach möglich sein.

Meine Fraktion nimmt diesen Volksanwaltschaftsbericht sehr gerne zur Kenntnis, weiß aber auch, dass er viel Arbeit für uns bedeutet. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.23

 


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