BundesratStenographisches Protokoll804. Sitzung / Seite 87

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

ich, alle einig: Das, was wir jetzt beschließen, ist ja nicht die Lösung aller bildungs­politischen Fragestellungen. Da geht es für mich auch nicht um ein Entweder-oder, sondern es ist ein Sowohl-als-auch. Wir müssen auf der einen Seite die begonnenen bildungspolitischen Reformschritte konsequent weiter setzen, und wir müssen auf der anderen Seite schauen – und verzeihen Sie, das ist jetzt vielleicht kein schönes Wort –, auch im Reparaturbereich deutliche Akzente zu setzen, motivierend zu wirken und Impulse zu geben.

Für mich geht es natürlich darum, dass wir an all dem, was wir begonnen haben, den Kindergarten zunehmend als Bildungseinrichtung zu sehen – ein ganz wichtiger Schritt –, die Sprachförderung entschlossen voranzutreiben – ohne deutsche Sprach­kennt­nisse ist ein Bildungserfolg nicht möglich –, dranbleiben müssen. Es wird auch dringend notwendig sein, dass wir die Deutschförderung im Pflichtschulbereich noch vor dem Sommer entsprechend verlängern, damit diese Maßnahme auch im nächsten Schuljahr fortgesetzt werden kann.

Frau Bundesrätin Mühlwerth, Sie haben Markus Hengstschläger zitiert. Damit stimme ich zu 100 Prozent überein. Grundkompetenz ist die Basis für jedes Talent. Grund­kompetenz ist überhaupt die Ausgangsbasis, um am gesellschaftlichen Leben und am beruflichen Leben teilnehmen zu können. Wenn Markus Hengstschläger in seinem Buch schreibt, Erfolg ist das Ergebnis von Talent und harter Arbeit, dann kann man dem ja nur zustimmen.

Die Frage ist, wo haben wir Mechanismen und Möglichkeiten, damit wir seitens der öffentlichen Hand im öffentlichen Bereich dort, wo die Familie ist gleich Umwelt diese Werte, die Disziplin, die Einstellung nicht vermitteln kann, das entsprechend stützen, ich möchte fast sagen, nachholen können, um nicht auf Potenziale zu verzichten. Hengstschläger sagt auch, Vielfalt ist eine Chance, und Hengstschläger sagt auch, jeder von uns kann etwas besonders gut, es ist nur immer unterschiedlich oder – und da zitiere ich immer ganz gern Antoine de Saint-Exupéry –: In jedem von uns steckt ein kleiner Mozart, aber es ist nicht immer das Komponieren.

Es geht nicht nur ums Finden der Talente, das wäre ja vielleicht auch noch einfach, sondern es geht darum, Interessen, Neigungen, Begabungen auch zu wecken. Da muss die öffentliche Schule ansetzen, und wir müssen auf die Vermittlung der Grund­kompetenzen zentrales Augenmerk legen – deshalb auch die Bildungsstandards, die wir gemeinsam beschlossen haben, vierte, achte Schulstufe.

Und wir werden uns mit allen Bildungssprechern in den nächsten Wochen zusam­mensetzen, um auch den neuralgischen Punkt neunte Schulstufe zu diskutieren, denn auch ich kann es nicht hinnehmen, dass ganz viele Jugendliche die Schulpflicht und damit die Schule verlassen, ohne ein entsprechendes Abschlusszeugnis zu haben, weil sie eben die Schulpflicht letztlich durch Klassenwiederholungen absolvieren, aber so nicht einmal einen Hauptschulabschluss oder Pflichtschulabschluss erreichen. Das sind die Punkte, an denen wir arbeiten müssen.

Dennoch freue ich mich sehr, dass der 15a-Vertrag geglückt ist. Es ist wirklich ein besonderer Artikel-15a-Vertrag, und das sage ich nicht nur, weil ich jetzt hier bei Ihnen im Bundesrat bin, es ist nämlich der erste 15a-Vertrag in der Zweiten Republik im Bereich der Erwachsenenbildung. Es ist das allererste Mal, dass sich hier Bund und Länder im Interesse der Erwachsenenbildung zusammentun. Als Vorbild dient uns in dem Fall die Europäische Union mit ihren Kofinanzierungsprogrammen. Wir haben ein Kofinanzierungsmodell entwickelt, der Bund zahlt 50 Prozent, die Bundesländer zahlen 50 Prozent, und die Bundesbeteiligung gibt es nur, wenn sich alle vom Neusiedler See bis zum Bodensee an die Spielregeln halten. Das ist die einzige Möglichkeit, um österreichweit für einheitliche Qualität zu sorgen.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite