BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 126

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In dieser Zeit hat sich verfassungsmäßig in Österreich einiges geändert, sodass die Bestimmungen nicht mehr gepasst haben, die dann zum Teil verfassungswidrig gewor­den sind. Und auch im November 1984, wie ich meine, gab es eine Art Novellierung, die aber auch nicht alles ausgeräumt hat, was sich so im Laufe der Zeit angesammelt hat und dringend der Reform bedurfte.

Wir verstehen nicht, warum bei so einer umfassenden Änderung nicht auf die Beden­ken, in diesem Fall vor allem der liberalen Juden, eingegangen worden ist.

Meine Kollegen im Nationalrat haben ja im Unterrichtsausschuss diesem Gesetz zuge­stimmt, weil sie der Meinung waren, diese Bedenken seien ausgeräumt. Wir haben aber dann im Laufe der Debatte, sprich in der Klubsitzung, festgestellt, dass diese Be­denken nicht ausgeräumt waren. Vor allem die Leute von Or Chadasch, die sich da an Abgeordnete auch der anderen Parteien gewendet haben, haben der ursprünglichen Ministervorlage auch zugestimmt. Die Kritik war dann nur: Das, was in der Minis­tervorlage war, hat sich dann in der Regierungsvorlage nicht mehr wiedergefunden. Und die liberalen Juden wollten, dass die angemessene Vertretung innerhalb der Kul­tusgemeinde auch klar definiert ist. Und nach ihrem Dafürhalten ist das nicht gegeben. Das sieht man auch, wenn man es durchliest.

Sie haben ein Rechtsgutachten eingeholt, das von sehr anerkannten Autoritäten er­stellt wurde, nämlich von Prof. Dr. Potz und Prof. Dr. Schinkele, die dann aber auch sa­gen, die Novellierung des Israelitengesetzes ist bedauerlicherweise insgesamt von ei­ner hierarchisierenden Verkirchlichung gekennzeichnet. Und sie kritisieren weiters, dass dieses Gesetz verfassungswidrig ist, das Grundrecht auf Religionsfreiheit verletzt sowie gegen den Gleichheitssatz verstößt. Und sie schreiben: Wir sehen es daher als unsere Pflicht an, darauf hinzuweisen, dass das Gesetz in dieser Form verheerende religionspolitische Folgen für das Judentum in Österreich sowie eine überaus – wie es auch Kollege Dönmez gestern im Ausschuss gesagt hat – bedenkliche Vorbildwirkung für das Islamgesetz hätte. Denn, das ist jetzt nicht ganz vergleichbar, auch bei der islamischen Glaubensgemeinschaft gibt es ja islamisch Gläubige, die sich nicht von der Glaubensgemeinschaft vertreten fühlen.

Es ist ja auch im Ausschuss gestern völlig richtig gesagt worden, und das kann ich ja auch nachvollziehen, dass Herr Mag. Henhapel gesagt hat, es ist ja nicht der Sinn der Sache, dass sich der Staat jetzt in die inneren Angelegenheiten einmischt. – Das sehe ich auch so. In einer säkularen Gesellschaft, wo eine strikte Trennung von Kirche und Staat besteht, muss der Staat nicht in jedes kleine Detail hineingehen.

Wir glauben aber trotzdem, wenn im Vorschlag des Ministerentwurfs die Religionsge­sellschaft zur angemessenen Vertretung aller innerhalb der Religionsgesellschaft be­stehenden Traditionen verpflichtet wurde, und diese Traditionen sind auch noch dahin gehend konkretisiert worden, seien sie in der Position einer Mehrheit oder der einer Minderheit, so sind Regelungen vorzusehen, die es diesen ermöglichen, im Gesamt­verband der Israelitischen Religionsgesellschaft ein religiöses Leben nach ihren eige­nen Kultusbedürfnissen zu führen. Und das hat sich eben in der Regierungsvorlage nicht wiedergefunden.

Meine freiheitlichen Nationalratskollegen haben dann in der Plenardebatte einen Rück­verweisungsantrag an den Unterrichtsausschuss gestellt, wo man die Möglichkeit ge­habt hätte, diese Bedenken, die man nicht einfach so vom Tisch wischen sollte, noch einmal zu diskutieren, um auch zu einem Ergebnis kommen zu können, mit dem alle einigermaßen zufrieden sind.

Aber wir wissen, dass es auch Gespräche mit dem Präsidenten Muzicant gegeben hat, und da ist es wahrscheinlich so gewesen, dass die Kultusgemeinde das eben nicht so wollte.

 


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