BundesratStenographisches Protokoll809. Sitzung / Seite 47

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jenewein. – Bitte.

 


11.14.45

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin! Die „Parlamentskorrespondenz“ hat im April 2012 zum Jahresbericht des ORF getitelt: „ besser als erwartet“. „Besser als erwartet“, das ist nicht unbedingt eine Jubelmeldung. „Besser als erwartet“, das hat man zu Beginn dieser Koalitionsregierung ja auch über Bundeskanzler Faymann gesagt. Man hat gesagt, er macht es nicht schlecht, er macht es besser als erwartet. Also „besser als erwartet“ ist nicht unbedingt die Schlagzeile, die man sich wünschen würde, wenn es darum geht, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich zu betiteln.

Der Jahresbericht sagt im Großen und Ganzen aus, dass der ORF an Marktanteil verloren hat, um ganze 1,4 Prozent. Er schlüsselt dann weiter auf, in welchen Seg­menten des öffentlich-rechtlichen Auftrages der ORF Marktanteile zur Verfügung gestellt hat. Und das zieht sich eigentlich wie ein roter Faden durch diesen Jahres­bericht 2011, der sich teilweise weniger wie ein Bericht liest, sondern mehr wie ein Werbeartikel des ORF, der sich hier natürlich selbst ins beste Licht zu rücken versucht. Das ist ja auch ganz klar und ist auch nichts Verwerfliches, denn natürlich versucht jedes Unternehmen, sich so gut wie möglich darzustellen. Faktum ist allerdings, dass gerade der öffentlich-rechtliche Auftrag – und der ORF ist ja laut ORF-Gesetz, § 4a, dazu verpflichtet, die Qualitätskriterien, das Qualitätssicherungssystem im ORF sicherzustellen, und natürlich nimmt das in diesem Bericht sehr breiten Platz ein – hier einiger Anmerkungen bedarf.

Wenn man nämlich sieht, dass der ORF Marktanteile verloren hat, dann stellt man sich natürlich auch die Frage, warum das so ist, ob man diesem öffentlich-rechtlichen Auf­trag überhaupt gerecht wird und wie sich dieser öffentlich-rechtliche Auftrag überhaupt definiert.

Und wenn man dann ein Fernsehprogramm zur Hand nimmt – ich habe da jetzt wahllos eine Tageszeitung hergenommen, ich möchte keine Werbung machen – und sich das heutige Fernsehprogramm einmal anschaut, dann sieht man, dass uns jetzt – wir haben jetzt in etwa 11 Uhr 17 Minuten – zum Beispiel in ORF eins die schöne Komödie „Mensch, Dave!“, eine Wiederholung, erwarten würde. Wenn wir ein bisschen vorher schauen, haben wir da „The Big Bang Theory“, ebenfalls eine Wiederholung. Zwei weitere Sendungen: „Malcolm mittendrin“ – eine Wiederholung –, „Bezaubernde Jeannie“ – eine Wiederholung –, und so geht das weiter.

Schauen wir uns ORF 2 an: Da habe ich dann „Frisch gekocht mit Andi und Alex“ – eine Wiederholung –, „Julia“ – eine Wiederholung –, „Um Himmels Willen“ – eine Wiederholung, und so geht es dahin. (Bundesrat Stadler: ORF III? – Kollege, ORF III?)

Seien Sie nicht aufgeregt, ich komme schon zu ORF III. Das ist nämlich der Riesen­schmäh, den der ORF macht, und das ist auch der Grund, warum wir diesem Jahres­bericht sehr kritisch gegenüberstehen: Jenen Auftrag, der eigentlich dem ORF zukommen würde, nämlich zu informieren, nachhaltig zu informieren, versteckt er im schwächsten Sender im gesamten Segment, nämlich in ORF III. Der hatte von Oktober bis Dezember, Herr Kollege, einen Marktanteil von 0,8 bis 1,2 Prozent. Das ist nicht unbedingt die Welt, vor allem wenn man sich anschaut, dass mit Servus TV im Vorfeld der Markteinführung von ORF III ein wirklich ausgezeichneter Qualitätssender etabliert wurde, der sich mittlerweile der 4-Prozent-Hürde nähert. Man muss sich schon die Frage stellen, ob der ORF, der jedes Jahr ein Gesamtvolumen von 924 Millionen € zur Verfügung hat, es wirklich nur schafft, die Qualitätssendungen in ORF III zu bringen.


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite