BundesratStenographisches Protokoll810. Sitzung / Seite 67

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Nach Abstimmung mit dem Ministerium für europäische und internationale Angele­genheiten haben wir diesen Entschließungsantrag gemeinsam eingebracht, und un­se­re Fraktion steht geschlossen hinter diesem Antrag, da es vor allem um die Einhaltung der Menschenrechte und auch der Bestimmungen des IV. Genfer Abkommens, das Sie bestimmt kennen werden, geht. Nur zur Verdeutlichung: Beim IV. Genfer Abkommen geht es um den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten.

Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass alle Mitglieder dieses Hauses für die weltweite Achtung und Einhaltung menschenrechtlicher und rechtsstaatlicher Prinzi­pien eintreten. Gerade das Recht auf persönliche Freiheit und auf ein faires Verfahren sind grundlegende Menschenrechte.

Demokratisch gewählte Abgeordnete sind vom Volk in eine Versammlung beziehungs­weise ins Parlament gewählte Volksvertreter. In den meisten Staaten genießen sie funktionelle Immunität, das heißt, sie unterliegen nicht der Strafverfolgung in Bezug auf Handlungen in Ausübung ihrer Funktion, soweit das nicht vom Parlament aufgehoben wird – was ja gelegentlich auch in Österreich vorkommen soll.

Seit dem 1. Februar 2012 befinden sich 27 palästinensische Abgeordnete, Mitglieder des Palästinensischen Legislativrates, in israelischer Haft, 24 dieser Abgeordneten befinden sich in israelischer Verwaltungshaft – ohne Anklage, ohne Gerichts­verfah­ren –, darunter seit 19. Jänner 2012 auch der Parlamentspräsident Aziz Dweik. Gerade gegen diese Verwaltungshaft richtet sich auch die internationale Kritik.

Wir haben im Ausschuss vom Vertreter des Bundesministeriums, Herrn Dr. Friedrich Stift, dem Leiter der Abteilung II.4, Naher Osten, zur Praxis der Verwaltungshaft nähere Auskünfte erhalten. Verwaltungshaft basiert auf einem Punkt der israelischen Militär­gesetzgebung. Es heißt zwar zur Dauer, maximal sechs Monate mit einmaliger Verlän­gerung, wir wissen aber aus der Praxis, dass es zu einer mehrmaligen Verlängerung kommt.

Keine Bekanntgabe der Beweismittel. Ich wiederhole noch einmal: Keine Bekanntgabe der Beweismittel! Um die Gründe für die Inhaftierung zu erfahren, bleibt den Verwal­tungshäftlingen nur die Möglichkeit einer Berufungsverhandlung. Bei solchen Verhand­lun­gen geht es um den Termin, das Finden eines solchen kann Wochen oder meist Monate dauern.

Die Beweislage wird in einer nichtöffentlichen Sitzung geprüft und weder dem Gefangenen selbst noch einem Verteidiger zur Kenntnis gebracht. Somit gibt es auch keine Möglichkeit, Beweise anzufechten.

Keine Anklage, kein Gerichtsverfahren.

Einige Mitglieder des Außenpolitischen Ausschusses des Nationalrates und Bundes­rates sind vor wenigen Wochen mit Nabeel Shaath, dem Beauftragten für inter­nationale Beziehungen der palästinensischen Fatah, zusammengekommen. Im Mittel­punkt des fast zweistündigen Referats – es war eigentlich eine Diskussion; einige der Anwesenden waren auch dabei, ich glaube, die Frau Kollegin Mühlwerth und die Frau Kollegin Duzdar – ist es um die Lage der Menschen in den palästinensischen Autono­miegebieten gegangen und um die Perspektiven der Entwicklung zur Eigenstaatlichkeit im Rahmen einer Zweistaatenlösung. – Da ist uns eine andere Sicht der Dinge geschildert worden. Aber man sollte immer beide Seiten hören und sich die Wahrheit aus einem Zweiperspektivenprinzip herausholen.

Ich betone hier auch noch einmal: Es geht uns in diesem Entschließungsantrag nicht um die Einmischung in innerstaatliche oder bilaterale Angelegenheiten von Ländern in einer sehr sensiblen Region – das wissen wir –, uns geht es um die Einhaltung von


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