BundesratStenographisches Protokoll811. Sitzung / Seite 19

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

gierung ohne irgendeinen Nutzen für das Land selbst verprasst; und nachdem das Geld einmal ausgegeben war, mussten die Garantiemächte aus purem Wohlwollen die Zinsen bedienen.“

Das kommt uns doch eigentlich sehr bekannt vor.

Und dann noch ein Wort, auch aus dem Jahr 1858, was die Steuermoral betrifft.

„Die Steuerpflichtigen machen das, was die Bauern machten: Sie zahlen einfach nicht. Die reichen Grundbesitzer, also die einflussreichsten Personen, finden leicht die Me­thoden, den Staat zu hintergehen, indem sie die Beamten entweder kaufen oder ein­schüchtern.

Die nomadisierenden Steuerpflichtigen, also die Schäfer, Holzfäller, Köhler oder Fi­scher, machen sich einen Spaß daraus und rechnen es sich zur Ehre an, keine Steu­ern zu zahlen.“

Daher hat die Regierung immer zwei Budgets, zwei Einnahme-Budgets erstellt.

„Das eine, das amtliche Budget, verzeichnete die Summen, die die Regierung im Jahr einnehmen sollte und auf die sie einen Rechtsanspruch hatte; das andere, das Ver­waltungsbudget, verzeichnete die Summen, die die Regierung einzunehmen hoffte.“

Und da hat man dieser Hoffnung beispielsweise so Rechnung getragen:

„Im Jahr 1845 hatte der Finanzminister für Olivenernte auf öffentlichem Grund und Bo­den, der in der Regel an private Bauern verpachtet ist, in das amtliche Budget eine Summe von 441.800 Drachmen eingesetzt. Er hoffte (im Verwaltungsbudget), dass der Staat glücklich sein konnte, von dieser Summe wenigstens 61.500 Drachmen einzu­nehmen.“

Es kam dann aber ganz anders:

„Aber auch diese Hoffnung war überzogen, denn im Jahr zuvor hatte der Staat hierbei nicht 441.800 Drachmen eingenommen, auch nicht 61 500 Drachmen, sondern bloße 4457 Drachmen und 31 Centimes, also etwa ein Prozent der Summe, auf die er zu­greifen konnte.“

Damit hat es dann der griechische Staat aufgegeben, überhaupt noch ein Verwal­tungsbudget zu machen.

Das war vor mehr als 150 Jahren, und das kommt uns sehr bekannt vor, denn das er­leben wir nämlich heute auch.

Heute wollen Sie im Bundesrat diesen Europäischen Stabilitätsmechanismus beschlie­ßen, damit noch mehr Geld in marode Länder wie Griechenland, Spanien, Portugal – das schaut im Moment ganz gut aus – et cetera fließen kann. Da sind Sie bereit, we­sentliche Rechte des österreichischen Staates an diesen Gouverneursrat, in dem die Finanzminister drinnen sitzen, abzugeben.

Nicht nur, dass wir selbst ein extremes Defizit haben, das ja auch schwankt, je nach­dem, was hineingerechnet wird, und nicht nur, dass Sie von den Regierungsparteien in den letzten beiden Jahren Belastungspakete für die Bevölkerung geschnürt haben, sind Sie bereit, jetzt 2,2 Milliarden gleich einmal Cash zu zahlen und für weitere 19 Milliarden die Haftungen zu übernehmen. Und im ESM-Vertrag Artikel 9 Abs. 3 steht, dass in dringlichen Fällen der dann jeweils im ESM beschlossene Betrag inner­halb von sieben Tagen abrufbar ist.

Das heißt, die Haftungen können jederzeit schlagend werden. Es ist einfach nicht wahr, dass wir zwar haften, aber das sei eigentlich eine Fiktion, wie es immer wieder gesagt wird. Sie können nichts dagegen tun, gar nichts, weil das ja mit qualifizierter


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite