BundesratStenographisches Protokoll813. Sitzung / Seite 95

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Nein, nein, nein, Herr Kollege Klug! Das ist so! Oder die von der ÖVP, die sagen: Ich verstehe nicht, warum wir jetzt alle unsere Affären aufdecken haben lassen, und kaum kommt die SPÖ dran, ist es aus! – Das versteht niemand!

Damit kommen wir schon zu einer prinzipiellen Strukturfrage der Republik. Und deswegen bin ich so froh, dass wir Basisdemokratie haben und nicht die Parteispitze unsere Listenplätze bestimmt. (Bundesrat Mag. Klug: Mit der Basisdemokratie ist es auch so eine Sache!) – Nein, das ist wichtig! Weil die Legislative derartig abhängig ist in Sachen Listenplätze und weil die Angst haben um das eigene Leiberl, so ist es, machen sie auch brav, was die Parteispitze sagt. Und die Parteispitze stellt in eurem Fall zugleich die Spitzen der Regierung. Deswegen gibt es keine, was Sie sich zu Recht wünschen, Trennung von Legislative und Exekutive in diesem Staat, in diesem Land. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum.)

Wenn wir das ernst nehmen, dann müssen wir auch über die Verhaberung zwischen Boulevardmedien und Politik reden. Ich weiß nicht, wer gestern den „Club 2“ geschaut hat, aber ich fand das ja hochinteressant. Zum einen fand ich Frau Weish wunderbar, die zu Recht gesagt hat, dass wir, wenn wir von JournalistInnen reden, so zehn bis 15 Leute im Kopf haben. In Wirklichkeit arbeitet ein Großteil der Journalisten und Journalistinnen fast im Prekariat. Das sind junge Leute, die kommen zu den Zeitungen, zu den Medien, verdienen wenig und müssen sich einmal diesem System unterordnen. Dieses System heißt eindeutig: Wem gehört die Zeitung? – Das ist nicht selten die Raiffeisen. Wer inseriert in dieser Zeitung? Wem steht man nahe und mit wem ist man verhabert? – So ist es!

Ich kann mich selbst erinnern – und ich nenne jetzt keine Namen, denn ich habe jetzt keine Lust auf einen langen Prozess –: Wiener Gemeinderatswahlkampf 2010  (Bundesrat Todt: Du bist immun!) – Ja, aber ich habe trotzdem keine Lust. (Bundesrat Mag. Klug: Die Lust ist unterschiedlich!) Es kann sich eh jeder denken, um welche Boulevardzeitung es geht.

Gemeinderatswahlkampf 2010: Das war unangenehm, auch wir haben manchmal unan­genehme Geschichten. Ein paar Bezirksrätinnen und -räte, die niemand kannte, sind aus den Grünen ausgetreten und haben eigene Listen gegründet. Das wurde in einem Boulevardmedium so groß aufgebläht, über Monate bis zur Wahl. Gleichzeitig sind freiheitliche Bürgermeister in der Steiermark aus der FPÖ ausgetreten – nicht irgendwelche unbekannten BezirksrätInnen, die niemand kannte, sondern Bürger­meister. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Das war eine Randnotiz, und nie wieder wurde darüber berichtet. Dann fand ich es sehr interessant, wer in dieser Boulevardzeitung inseriert hat und wer nicht. Die Freiheitliche Partei war sehr präsent in diesem Medium. Ich werfe euch nicht vor, dass ihr euch verhabert habt. Das weiß ich auch nicht – vielleicht, vielleicht auch nicht. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundes­rätin Mühlwerth.)

Jetzt komme ich wieder zum Systemproblem: Es gibt vorauseilenden Gehorsam. Es ist ein Prinzip der Boulevardmedien, dass die, die inserieren, gut beschrieben werden, sie werden sozusagen schöngeschrieben, und die, die kein Geld haben und nicht inse­rieren, werden niedergeschrieben. So ist es! Und das wissen die Regierungsparteien ganz genau. Natürlich wurde das hemmungslos ausgenützt, und das kann man, wenn man in der Regierung sitzt und dann noch diese ganzen großen Firmen wie ÖBB und ASFINAG sozusagen als Spielball für Inserate hat.

Das muss einmal aufgedeckt werden, es muss in den Untersuchungsausschuss, wir müssen über die politische Verantwortung reden – nicht deshalb, weil wir politisches Kleingeld wechseln wollen, sondern deswegen, weil das für die Zukunft abgestellt gehört! Das ist nämlich der wesentliche Punkt! Es geht nicht einmal um Herrn


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