BundesratStenographisches Protokoll815. Sitzung / Seite 11

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Aus den Ende der neunziger Jahre angebahnten Reformüberlegungen hat die damali­ge Regierung jedoch etwas ganz anderes gemacht. Seit dem UG sind die 21 öffent­lichen Universitäten ähnlich wie Aktiengesellschaften organisiert: mit einem mehrköpfi­gen Rektorat als Vorstand und den Universitätsräten als Aufsichtsrat. Die Universitäts­räte sind meist Laien und werden zur Hälfte von VertreterInnen der Universitätsange­hörigen und zur Hälfte von der Bundesregierung bestellt; aktive Politiker sind vom Amt ausgeschlossen. Damit üben die Universitätsräte nebenberuflich Aufsichtsratsfunktio­nen aus, die bisher von Ministerialbeamten mit jahrzehntelanger Erfahrung hauptbe­ruflich wahrgenommen wurden. Die Qualität der Aufsicht ist damit stark von der jewei­ligen Person abhängig und in vielen Fällen stark verbesserungsfähig.

Die gegenwärtigen Strukturen weisen ein Demokratiedefizit auf. Es gibt kein Durch­griffsrecht des politisch verantwortlichen Ministers und nur mangelhafte Mitbestim­mungsrechte der VertreterInnen der Universitätsangehörigen, des Personals und der Studierenden gegenüber den Rektoraten. Zugleich können die Rektorate aber sehr weitgehend Angelegenheiten selbst regeln beziehungsweise über ihr Vermögen und Personal frei verfügen. Die Vollrechtsfähigkeit hat allerdings zu einer Vervielfachung des Verwaltungsaufwandes geführt, weil jede der 21 Universitäten einen vollständigen Bürokratieapparat aufbauen musste. Die gemeinsame Nutzung von Personalressour­cen ist dabei eine seltene Ausnahme, da gibt es also noch sehr viel zu tun, denn die Universitäten sind nunmehr konkurrierende Betriebe.

Der Herr Minister wäre eigentlich zu einer zentralen Koordinierung dieser sich autonom entwickelnden Betriebe berufen, er könnte Zielvereinbarungen mit den Universitäten abschließen. Leider, Herr Bundesminister, üben Sie diese Befugnis kaum aus. Im Er­gebnis haben die einzelnen Universitäten daher unnötig viele Parallelstrukturen, das Studienangebot ist bundesweit betrachtet nicht aufeinander abgestimmt. Umgekehrt kommt es auch zu einer Auseinanderentwicklung, die Durchlässigkeit zwischen den Universitäten hat stark abgenommen, zum Beispiel bei den Studienwechseln oder bei weiterführenden Master- und Doktoratsstudien an anderen Universitäten.

Davon abgesehen hat die Vollrechtsfähigkeit natürlich – und das ist erfreulich – auch positive Effekte. Zum Teil konnten verkrustete Strukturen an den Universitäten aufge­brochen und Reformen eingeleitet werden, zum Teil hat die Autonomie sicher auch zu einer Entrümpelung der alten Studienpläne geführt. Der Aufbruch der Universitäten in die Autonomie ist grundsätzlich ein internationaler Trend, der sich weltweit bewährt hat, und Österreich hat da als Vorreiter klar international neue Standards gesetzt. Zahlrei­che Staaten sind Österreichs modernem Weg in die Autonomie gefolgt: einige deut­sche Bundesländer, die wichtige Elemente des österreichischen Universitätsgesetzes in ihre Hochschulgesetzgebung übernommen haben, und Frankreich, dessen Universi­tätsgesetz 2007 Züge des UG 2002 trägt. Und die OECD zog das österreichische Beispiel als Best-Practice-Beispiel für die Beratung Tschechiens heran. Das Ziel und die Aufgabe der Autonomie ist die Selbstbestimmung der freien Wissenschaft, Lehre und Forschung in einem festen Rahmen.

Der Staat wird dadurch aber nicht aus der Verantwortung entlassen, sondern die Uni­versitäten in ihrer Freiheit gestärkt. Mehr Freiheit bringt mehr Wettbewerb und dadurch auf allen Gebieten leistungsfähigere Universitäten. So brachte uns die Universitäts­autonomie eine steigende Qualität der Lehre, mehr Erfolg in der Forschung, eine stär­kere Internationalisierung von Lehrenden und Studierenden und eine deutliche Sen­kung der Durchschnittsstudiendauer. Die durchschnittliche Studiendauer von Absolven­tInnen der Bachelor- und Diplomandenstudien beträgt aktuell 10,7 Semester, das ist ein Rückgang der durchschnittlichen Studiendauer um knapp drei Semester.

Die Universitäten sind heute im Bologna-Zeitalter angekommen, da ist die Umstellung sehr gut vorangeschritten. Im Wintersemester 2011 machten Bachelor- und Masterstu-


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