Aus den Ende der neunziger Jahre angebahnten Reformüberlegungen hat die damalige Regierung jedoch etwas ganz anderes gemacht. Seit dem UG sind die 21 öffentlichen Universitäten ähnlich wie Aktiengesellschaften organisiert: mit einem mehrköpfigen Rektorat als Vorstand und den Universitätsräten als Aufsichtsrat. Die Universitätsräte sind meist Laien und werden zur Hälfte von VertreterInnen der Universitätsangehörigen und zur Hälfte von der Bundesregierung bestellt; aktive Politiker sind vom Amt ausgeschlossen. Damit üben die Universitätsräte nebenberuflich Aufsichtsratsfunktionen aus, die bisher von Ministerialbeamten mit jahrzehntelanger Erfahrung hauptberuflich wahrgenommen wurden. Die Qualität der Aufsicht ist damit stark von der jeweiligen Person abhängig und in vielen Fällen stark verbesserungsfähig.
Die gegenwärtigen Strukturen weisen ein Demokratiedefizit auf. Es gibt kein Durchgriffsrecht des politisch verantwortlichen Ministers und nur mangelhafte Mitbestimmungsrechte der VertreterInnen der Universitätsangehörigen, des Personals und der Studierenden gegenüber den Rektoraten. Zugleich können die Rektorate aber sehr weitgehend Angelegenheiten selbst regeln beziehungsweise über ihr Vermögen und Personal frei verfügen. Die Vollrechtsfähigkeit hat allerdings zu einer Vervielfachung des Verwaltungsaufwandes geführt, weil jede der 21 Universitäten einen vollständigen Bürokratieapparat aufbauen musste. Die gemeinsame Nutzung von Personalressourcen ist dabei eine seltene Ausnahme, da gibt es also noch sehr viel zu tun, denn die Universitäten sind nunmehr konkurrierende Betriebe.
Der Herr Minister wäre eigentlich zu einer zentralen Koordinierung dieser sich autonom entwickelnden Betriebe berufen, er könnte Zielvereinbarungen mit den Universitäten abschließen. Leider, Herr Bundesminister, üben Sie diese Befugnis kaum aus. Im Ergebnis haben die einzelnen Universitäten daher unnötig viele Parallelstrukturen, das Studienangebot ist bundesweit betrachtet nicht aufeinander abgestimmt. Umgekehrt kommt es auch zu einer Auseinanderentwicklung, die Durchlässigkeit zwischen den Universitäten hat stark abgenommen, zum Beispiel bei den Studienwechseln oder bei weiterführenden Master- und Doktoratsstudien an anderen Universitäten.
Davon abgesehen hat die Vollrechtsfähigkeit natürlich – und das ist erfreulich – auch positive Effekte. Zum Teil konnten verkrustete Strukturen an den Universitäten aufgebrochen und Reformen eingeleitet werden, zum Teil hat die Autonomie sicher auch zu einer Entrümpelung der alten Studienpläne geführt. Der Aufbruch der Universitäten in die Autonomie ist grundsätzlich ein internationaler Trend, der sich weltweit bewährt hat, und Österreich hat da als Vorreiter klar international neue Standards gesetzt. Zahlreiche Staaten sind Österreichs modernem Weg in die Autonomie gefolgt: einige deutsche Bundesländer, die wichtige Elemente des österreichischen Universitätsgesetzes in ihre Hochschulgesetzgebung übernommen haben, und Frankreich, dessen Universitätsgesetz 2007 Züge des UG 2002 trägt. Und die OECD zog das österreichische Beispiel als Best-Practice-Beispiel für die Beratung Tschechiens heran. Das Ziel und die Aufgabe der Autonomie ist die Selbstbestimmung der freien Wissenschaft, Lehre und Forschung in einem festen Rahmen.
Der Staat wird dadurch aber nicht aus der Verantwortung entlassen, sondern die Universitäten in ihrer Freiheit gestärkt. Mehr Freiheit bringt mehr Wettbewerb und dadurch auf allen Gebieten leistungsfähigere Universitäten. So brachte uns die Universitätsautonomie eine steigende Qualität der Lehre, mehr Erfolg in der Forschung, eine stärkere Internationalisierung von Lehrenden und Studierenden und eine deutliche Senkung der Durchschnittsstudiendauer. Die durchschnittliche Studiendauer von AbsolventInnen der Bachelor- und Diplomandenstudien beträgt aktuell 10,7 Semester, das ist ein Rückgang der durchschnittlichen Studiendauer um knapp drei Semester.
Die Universitäten sind heute im Bologna-Zeitalter angekommen, da ist die Umstellung sehr gut vorangeschritten. Im Wintersemester 2011 machten Bachelor- und Masterstu-
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite