BundesratStenographisches Protokoll815. Sitzung / Seite 67

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arbeitete Richtlinie wird nun mit dem vorliegenden Gesetz in nationales Recht umge­setzt. Das ist wichtig, weil es durch die internationale Zusammenarbeit auch zu Rei­bungspunkten kommen kann, wie vor Kurzem der Skandal um Manipulationen von Wartelisten von Transplantationen in Deutschland, in Göttingen und in Regensburg, gezeigt hat.

Der „Spiegel“ schrieb dazu: „Organe werden nach ausgeklügelten Regeln an Patienten verteilt, dennoch bleibt Raum für Manipulationen.“ Um das für dieses System so wich­tige Vertrauen zu schaffen, ist ein hohes Maß an Sicherheits- und Qualitätskontrollen notwendig. Einen wichtigen Punkt stellt auch die Frage dar, wie man zu den Organen kommt, die transplantiert werden sollten. Hier gibt es in der EU, aber auch in den in Eu­rotransplant vertretenen Staaten verschiedene Regelungen.

In Deutschland galt bisher die Zustimmungslösung, die besagt, dass Organe nur ent­nommen werden dürfen, wenn die Person ausdrücklich zugestimmt hat und dies mit einem Organspendeausweis dokumentiert. Wenn der Verstorbene seinen Willen nicht erklärt hat, dann muss die Familie über eine Organentnahme entscheiden. Diese Zu­stimmungsregel gilt auch in anderen europäischen Ländern, wie etwa Großbritannien, Griechenland oder den Niederlanden.

Aber es gibt auch Länder wie Spanien, Italien oder Österreich, die vom Prinzip der Wi­derspruchsregelung ausgehen. Diese Regelung, meine Damen und Herren, bestimmt Folgendes: Wenn der Organentnahme zu Transplantationszwecken zu Lebzeiten nicht widersprochen wurde, ist sie nach dem Tod rechtlich zulässig. Ärzte können sogar so weit gehen, dass sie ohne Befragung der Angehörigen dem Verstorbenen Organe ent­nehmen. Kinder sind dabei ebenso betroffen wie Erwachsene. Auch für Staatsbürger anderer Nationen, die in Österreich sterben, gilt das österreichische Transplantations­gesetz.

In Deutschland führte die Diskussion zur sogenannten Erklärungslösung, einer Art Kompromiss zwischen Widerspruchs- und Zustimmungsregelung, die mit Juli 2011 für Deutschland beschlossen wurde. Eine Erklärungsregelung besteht darin, dass alle Bür­ger verpflichtet sind, zu erklären, ob sie einer Organentnahme nach dem Tod zustim­men oder widersprechen, wobei auch die Möglichkeit eingeräumt wurde, dass sie sich nicht äußern. Damit, meine Damen und Herren, soll eine verstärkte Sensibilisierung der Menschen in Bezug auf die Organspende erreicht werden.

Eine solche Sensibilisierung brauchen wir meines Erachtens auch in Österreich. Dass aufgrund des Unwissens der Menschen die Zahl der gespendeten Organe niedrig ist, ist problematisch, auch wenn es sich bei der Organspende um eine solidarische Tat handelt, die für die Organempfänger und die Gesellschaft sehr wichtig ist. Ihre hohe sittliche Qualität, meine Damen und Herren, erreicht diese Tat aber erst dann, wenn bewusst eine Zustimmung gegeben wird. Dazu bedarf es einer verstärkten Information über die gesetzliche Regelung und die Widerspruchslösung. Die brauchen wir auch in Österreich. Sonst passiert es immer wieder, dass Angehörige es als einen ungerecht­fertigten Eingriff sehen, wenn Toten Organe entnommen werden. Zudem ist auch die Frage des Todeszeitpunktes, der mit dem Hirntod gesetzt wird, nicht unumstritten, auch in Österreich.

Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren, ist die Lebendspende, die mit diesem Gesetz geregelt wird. Meine Kollegin hat schon darauf hingewiesen. Wie mit dem von Dr. Sabine Oberhauser und Dr. Erwin Rasinger eingebrachten Abänderungsantrag im Nationalrat, der einstimmig angenommen wurde, betont wurde, handelt es sich bei der Lebendspende um eine in höchstem Maße zu würdigende Tat, die nicht nur dem Emp­fänger oder der Empfängerin, sondern dem gesamten Gesundheitssystem zugute­kommt. Gerade deswegen ist eine umfassende und qualitativ gute Nachkontrolle, zum Beispiel wenn jemand eine Niere oder einen Teil der Leber spendet, wichtig. So müs-


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