Am 12. Oktober haben die Landtagspräsidenten und am 24. Oktober die Landeshauptleute jeweils einstimmig eine gemeinsame Verhandlungsposition zur Reform des Bundesrates beschlossen.
Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit sehr herzlich beim Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, Landeshauptmann Platter, bei der damaligen Vorsitzenden der Landtagspräsidentenkonferenz und nunmehrigen Landesrätin Bernadette Mennel aus Vorarlberg, aber auch, weil das schon länger zurückgeht, beim Präsidenten des oberösterreichischen Landtages Friedl Bernhofer und beim Direktor des Institutes für Föderalismus sehr herzlich für ihren Einsatz in dieser Sache bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten von SPÖ, FPÖ und Grünen.)
Sie alle haben dazu beigetragen, dass es erstmals in den vielen Jahren der Diskussion eine mit uns, dem Bundesrat, abgestimmte einheitliche Position der Bundesländer zur Reform der Länderkammer gibt. Es ist Schluss mit den Zwischenrufen, mit den undurchdachten Einzelvorschlägen und mit vielen Besserwissereien, die wir immer wieder erlebt haben.
Wir, der Bundesrat, wir bewegen uns. Wir wollen eine Reform, und wir werden um diese Reform auch kämpfen!
Das Angebot, das in diesem gemeinsam beschlossenen Papier steht, lautet, dass die Zahl der bundesratspflichtigen Materien reduziert wird, dass wir uns auf die Kernkompetenzen – das sind die Gesetzgebung, die Vollziehung und die Finanzen der Bundesländer – konzentrieren, dass wir für diese Materien ein Einspruchsrecht mit einem Vermittlungsverfahren dahinter bekommen und dass wir – und das ist besonders wichtig – ein frühzeitiges Stellungnahmerecht während der laufenden Erarbeitung der Gesetze im Nationalrat erhalten.
Bei diesem Punkt möchte ich kurz verweilen. Das Recht der frühzeitigen Stellungnahmemöglichkeit soll Blockaden möglichst verhindern. Wir brauchen in Österreich keinen Blockadeföderalismus, sondern einen Verhandlungsföderalismus, wie er unserer Gesprächskultur entspricht. Die entscheidende Frage muss immer die Nutzwirkung unserer Kammer für die Bevölkerung, für das politische System in Österreich sein.
Wir haben ein sinnvolles Angebot entwickelt, wir haben dafür die einstimmige Unterstützung der Landtagspräsidenten und der Landeshauptleute, und jetzt sollen wir uns – und darum dürfen wir Sie, Herr Bundeskanzler, mit einem gewissen Nachdruck ersuchen – an den Verhandlungstisch setzen und Nägel mit Köpfen machen. Die Grundlagen dafür sind geschaffen. Ich würde glauben, dass bei gutem Willen in kurzer Zeit ein Gesamtergebnis erzielbar sein könnte. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten von SPÖ und Grünen.)
Inhaltlich habe ich mich in meiner Präsidentschaft mit dem neuen Phänomen der Verstädterung versus der Ausdünnung vieler Regionen befasst. Dieses Phänomen ist global feststellbar und lässt sich auch in Österreich in harten Zahlen darstellen. Und wir brauchen in vielerlei Hinsicht Antworten. Wir brauchen die Antworten im Bildungssystem. Wir brauchen die Antworten bei den Verkehrssystemen. Wir brauchen die Antworten bei den Arbeitsplätzen, bei der Wertschöpfung. Machen wir eine Politik, dass die Arbeitsplätze zu den Menschen kommen und nicht die Menschen zu den Arbeitsplätzen kommen müssen!
Der Bundesrat ist geradezu prädestiniert, Anwalt der Regionen zu sein, und wir sollten nicht zuschauen, wie es demografisch weitergeht. Wir sollten die Verstädterung mit allen Problemen, die sie auch aufwirft, nicht zulassen. Das Ziel muss sein, gleichwertige Lebensbedingungen zu gewährleisten, unabhängig davon, wo eine Bürgerin oder ein Bürger in Österreich wohnt. Wir lassen keine Region zurück.
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