BundesratStenographisches Protokoll816. Sitzung / Seite 35

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schaffen. Jetzt haben wir diese Währungsunion, und manche Staaten wie zum Beispiel Deutschland haben einen Export-Überschuss gegenüber den südlichen Staaten von 50 Milliarden €. So hat zum Beispiel Griechenland viele Rüstungsgüter in Deutschland gekauft, und Deutschland hat davon profitiert.

Jetzt müssen wir als Europäer und Europäerinnen ganz genau darüber nachdenken: Wollen wir diese Ungleichheit ausgleichen, ja oder nein? – So einfach ist im Grunde genommen die Frage! Die Antworten scheinen immer so kompliziert zu sein, aber die Frage, die am Schluss bleibt, lautet tatsächlich: Wollen wir ein solidarisches gemeinsa­mes Europa, oder wollen wir uns so verhalten wie die Freiheitliche Partei, die zwar die Jugendarbeitslosigkeit bejammert und beweint, aber keine einzige Lösung bietet, au­ßer zu sagen: Wir müssen uns isolieren! (Bundesrat Kneifel: Aber die Steuereinhe­bung in Griechenland darf man auch nicht vergessen!) Keine Frage! Ich bin kein Vertei­diger der griechischen Regierung, davon können Sie ausgehen!

Man muss aber auch dazu sagen: Eine gemeinsame Währung ist historisch einzigartig. Wir reden sehr oft von Dominostein-Effekten und dergleichen. Aber de facto gab es das in der Menschheitsgeschichte seit dem römischen Dinar nicht mehr, zumindest in Europa. Das heißt: Wir können viel darüber diskutieren und theoretisieren, welche Fol­gen was hat, aber wir wissen es nicht. Wir wissen aber sehr wohl, welche Gefahren es gibt, und die Gefahrenquellen müssen ausgemerzt werden.

Etwas macht mir aber auch Sorgen, und zwar auch in der heutigen Diskussion. So hat zum Beispiel Ratspräsident Van Rompuy ein Papier vorgelegt, in dem von einer echten Wirtschafts- und Währungsunion die Rede ist. Im Hinblick darauf frage ich mich schon, auch als überzeugter Europäer – ich bin ja gebürtiger Niederländer, wohne hier und fahre oft nach Rumänien, und da habe ich schon eine ein bisschen europäische Pers­pektive –: Wollen wir Europa wirklich nur als Wirtschaftsunion und Währungsunion defi­nieren, und that’s it!, oder gehen wir auch einmal so weit, zu sagen: Europa muss auch eine Union sein, die gemeinsam gegen den Klimawandel vorgeht, die gemeinsam in neue Technologien und in die Bekämpfung des Klimawandels investiert, die gemein­sam für Beschäftigung arbeitet und eine Sozialunion ist, die in Bildung investiert, und eine Bildungsunion und letztlich eine Union der Demokratie ist.

Der Demokratieabbau ist eine der größten Gefahren, die ich derzeit in Europa sehe. Ich meine, es lohnt sich, für ein Gemeinsames Europa der Menschenrechte und der Bürgerrechte zu kämpfen. Das sollte uns allen ein Anliegen sein! Bitte schauen wir nicht immer nur auf die Wirtschaft! Europa ist mehr als eine Währung! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

10.08


Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Bundesrat Schen­nach. – Bitte.

 


10.08.47

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­schätzter Herr Bundeskanzler! Ich möchte einen Zwischenruf aufgreifen, den Kollege Kneifel gemacht hat. Er hat gesagt, dass die Steuereinnahmen dort schon ein bisschen in Ordnung kommen müssen. – Wer zahlt denn in Griechenland keine Steuer? Es sind dies die Superreichen, die ihr Geld ohne Verantwortung gegenüber ihrem eigenen Land in Sicherheit gebracht haben. (Bundesrat Kneifel: Gar keiner zahlt dort Steuer!)

Diesbezüglich sind wir einer Meinung. Was aber verhindert die ÖVP? – Eine Erb­schaftssteuer für die Superreichen in Österreich! Ich würde mir hingegen wünschen, dass wir endlich auch hier zu einer sozialen Gerechtigkeit kommen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

 


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