BundesratStenographisches Protokoll816. Sitzung / Seite 58

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muss ich sagen, liegt die Annahme doch sehr nahe, dass man personell sicher eine Aufstockung benötigen würde, um die Verfahrensdauer zu verkürzen und auch die Qualität zu heben.

Zum dritten Tagesordnungspunkt, zum Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofes, möchte ich Folgendes anmerken: Ich werde dem Bericht meine Zustimmung erteilen, aber ich möchte auch kritisch vermerken, dass einige Dinge nicht im Bericht enthalten sind. Ei­nige Fälle der letzten Wochen zeigen, dass russischstämmige Staatsbürger in die Hän­de eines Ramsan Kadyrow abgeschoben werden, dem Kettenhund Russlands, und in Wladimir Putins Macht, und dass diese Leute dann in einem Gulag verschwinden und man nicht mehr weiß, was mit ihnen geschehen ist, oder dass Familienangehörige ver­folgt werden. Das ist doch etwas, das uns zu denken geben sollte, und unterstreicht, dass hier mit äußerster Sensibilität vorgegangen werden muss.

Auf die Argumente, die Kollege Krusche angeführt hat – er hat Kriminalität und Asyl­werber gleichgesetzt, so ähnlich war zumindest der Kontext seines Redebeitrages –, möchte ich bei diesem Tagesordnungspunkt gar nicht näher eingehen, sondern darauf werden wir beim Sicherheitsbericht noch zu sprechen kommen. Ich werde dann versu­chen, diese Argumente mit sachlichen Argumenten zu entkräften, was zwar vielleicht eher nicht auf fruchtbaren Boden fallen wird, aber ich will den Versuch dennoch wagen.

84 Prozent der Asylbeschwerden wurden abgewiesen, 15 Prozent der Beschwerden wurde stattgegeben, ein Rest an Altverfahren ist immer noch vorhanden. Ich kann mich noch sehr gut an die Diskussionen im Ausschuss und auch hier im Plenum vor einem und sogar noch vor zwei Jahren erinnern, als ich hier vorne gestanden bin und gesagt habe: Leute, mit den Ressourcen, die wir da zur Verfügung haben, werden wir es sehr, sehr schwer schaffen, diesen Rucksack mit Altfällen abzubauen. Das löste sehr großes Gelächter aus seitens der SPÖ, auch seitens mancher von der ÖVP. Kollege Kainz stimmte da sehr lautstark mit ein.

Ich möchte nur daran erinnern, dass das, was ich damals angemerkt habe, tatsächlich eingetreten ist: Wir haben nach wie vor einen Rucksack, zwar nicht mehr in der Grö­ßenordnung von damals, aber nichtsdestotrotz stehen hinter diesen Fällen Einzel­schicksale. Und Jahre und Jahrzehnte auf ein Urteil zu warten und in einem luftleeren Raum zu hängen, ist weder für die Betroffenen angenehm noch für die Behörden und die Menschen, die in diesem System arbeiten. 230 Fälle, die sich primär auf 230 Fami­lien beschränken, 500 Einzelfälle, die eigentlich schon 2011 hätten abgebaut werden sollen; von allen seit Gründung des Asylgerichtshofes neu anhängig gewordenen Ver­fahren konnten 70 Prozent abgeschlossen werden, 80 Prozent davon innerhalb eines Jahres, es gibt also zirka 30 Prozent Rückstand.

Ein weiterer Punkt ist die Verfahrensbeschleunigung, wobei der Präsident des Asylge­richtshofes sehr oft davon spricht, dass das auf Kosten der Qualität geht. Wenn man sich ansieht, dass im Jahr 2010 13 Mal Entscheidungen des Asylgerichtshofes vom VfGH aufgehoben worden sind, 2011 32 Mal und dass sehr viele mit der Rückmeldung gekommen sind, dass zum Beispiel keine Auseinandersetzung mit dem Parteivorbrin­gen stattgefunden hat oder es zu einer völligen Außerachtlassung des Parteivorbrin­gens, einer gehäuften Verkennung der Rechtslage oder zu verfassungswidrigen Inter­essenabwägungen kommt, dann, muss ich sagen, bezweifle ich etwas die Qualität, die da so hochgepriesen wird.

Schaut man sich den Bericht der Volksanwaltschaft von 2011 an, dann sieht man eine Verdreißigfachung der Beschwerden aufgrund einer langen Verfahrensdauer beim Asylgerichtshof. 2009 waren es noch 24 Beschwerden, 2010 schon 222 Beschwerden, 2011 waren es 717 Beschwerden. Und die Volksanwaltschaft stellte 2010 fest, dass die Rechtsmittelverfahren mehrere Jahre unerledigt bleiben. Zumeist wurden in diesen Fällen keine Verfahrensschritte gesetzt. Angesichts dessen ist auch fraglich, wieso der


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