BundesratStenographisches Protokoll816. Sitzung / Seite 67

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Die Aufarbeitung war natürlich geprägt von Verdrängung. Man hatte teilweise nach dem Krieg auch anderes zu tun, das möchte ich jetzt gar nicht einmal verurteilen, hatte zu tun mit Konzentration auf andere Aspekte, hatte zu tun mit Verdrängung, aber auch Verschweigen. Diese Verdrängung und dieses Verschweigen gab es nicht nur bei den Tätern und Täterinnen. Es gibt tolle Romane, in denen man nachlesen kann, wie zum Beispiel in jüdischen Familien das Leid, das Trauma, das man erfahren hat, nicht er­zählt worden ist, weil man sich auf etwas anderes konzentrieren wollte, weil man neu aufbauen wollte und weil man sich nicht unbedingt an eine so schreckliche Zeit zu­rückerinnern wollte. Daher ist es auch kein Zufall, dass erst eine Generation bezie­hungsweise zwei Generationen später plötzlich Fragen gestellt worden sind.

Ich gehöre ja eigentlich zu dieser Generation, und ich kann mich noch genau erinnern, dass in unserer Schule der Nationalsozialismus überhaupt nicht besprochen worden ist; dann kam im Jahr 1986 die Kandidatur Kurt Waldheims, dann kam das Gedenk­jahr 1988 – und plötzlich war es ein Thema. Ich hatte zum Glück sehr engagierte Lehrer und Lehrerinnen und einen super Schuldirektor in Bad Ischl, wo wir das sehr gut aufgearbeitet haben, und plötzlich stellten wir Fragen – nicht nur wir, viele Leute stell­ten Fragen.

Warum ist dieses Bild, das bei meiner Großmutter hing, jetzt eigentlich im Museum? Warum gehört dieses Zinshaus, das einmal einem Großonkel gehört hat, nicht mehr meinem Großonkel? Warum ist es eigentlich nicht mehr in der Familie? – Diese Fragen wurden vorher de facto nicht gestellt. Das meine ich mit der historischen Logik, dass durch die historische Logik eben zum Beispiel das Washingtoner Abkommen entstan­den und aus dieser historischen Logik der Nationalfonds eingerichtet worden ist.

Nachdem der Nationalfonds so viele Jahre gearbeitet hat, beschließen wir heute – wie es im Juristenjargon etwas grauslich heißt – die Endabwicklung des Nationalfonds. Das ist für uns – und das möchte ich im Namen aller Grünen sagen – ein Anlass, uns beim Team rund um Hannah Lessing und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Nationalfonds wirklich herzlichst zu bedanken. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

Bei jedem Gesetz darf man auch etwas kritisch sehen, das ist bei diesem Gesetz auch so, wir werden aber zustimmen. Etwas, was wir durchaus kritisch sehen, sind die Ver­jährungsfristen. Es gibt Erfahrungen aus anderen Fonds, wo wir der Meinung sind, dass gerade in diesem Fall Verjährungen höchst problematisch sind.

Zu guter Letzt: Wir haben ja sehr viele Fonds in Österreich. Es gibt den Zukunftsfonds, den Nationalfonds, den Kunst-Restitutionsfonds, den Härteausgleichsfonds und so wei­ter. Es ist natürlich sehr oft so, dass irgendwann sehr viele Strukturen entstehen, die dann plötzlich so eine Macht des Faktischen darstellen, und wir sollten schon auch ei­ne Diskussion darüber beginnen, ob gewisse Fonds und gewisse Strukturen nicht zu­sammenlegbar sind, wo man das Arbeiten an Erinnerung, die Arbeit des Gedenkens und so weiter verortet. Das ist eine Frage, die in diesem Initiativantrag, der im National­rat gestellt worden ist, noch nicht ausreichend beantwortet ist. Diese Diskussion müs­sen wir führen, aber alles in allem werden wir dem gerne zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

11.45


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein


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