BundesratStenographisches Protokoll816. Sitzung / Seite 91

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heißt, wir müssen tatsächlich Menschen, die zumindest einer hohen emotionalen Be­lastung ausgesetzt sind, vorschreiben, was sie zu tun haben und wo Kinder hinzu­gehen haben. Das ist, wenn man sich das in der Praxis anschaut, ein unheimlich schwieriges Gebiet.

Was wir bisher in diesem Bereich gehabt haben, waren mengenweise Emotionen und unheimlich lange Verfahren. Wenn um Kinder gestritten worden ist, dann hat ein Gut­achter den anderen gejagt. Dann hat es Monate gedauert, bis man die Gutachten be­kommen hat. Dann hat es Monate gedauert, bis man einen Termin zur Erörterung des Gutachtens bekommen hat. Die ganze Situation ist in dieser Zeit nur noch viel weiter eskaliert, es ist ja dadurch nicht besser geworden.

In diesem Punkt setzt diese Gesetzesnovelle andere und bessere Maßstäbe. Zum ei­nen glaube ich, dass der Ausbau der Familiengerichtshilfe einmal grundsätzlich eine Vorstufe darstellt, bei der wir gröbste Emotionen abfangen können und wir sondieren können, ob es denn Möglichkeiten abseits des Gerichtes gibt. – Das ist Teil eins.

Teil zwei – und das ist sicher auch ein Punkt, den ich hier hereinbringen will –: Ich ha­be darüber gelesen, und Kollege Schreuder wird uns das nachher, nehme ich an, wort­gewaltig ausführen, dass die Grünen gesagt haben, wir brauchen noch eine Schlich­tungsstelle. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)

Herr Steinhauser hat gesagt, er hat den Journalisten irgendein Modell einer Schlich­tungsstelle vorgestellt, und die waren alle begeistert. Es wäre schön gewesen, wenn er das auch den Richtern und Anwälten vorgestellt hätte – ich weiß nicht, ob er da die gleichen Begeisterungstürme geerntet hätte.

Zur Schlichtungsstelle sage ich jetzt präventiv, sozusagen antizipierend auf Ihre Rede, Herr Kollege, erstens: Familiengerichtshilfe. – Wenn wir das ausbauen, dann wird das vielleicht so etwas Ähnliches werden.

Du kommst ums Gericht nicht herum. Wo vorher nichts hilft, braucht man in der Ge­schichte irgendwann einen Richterspruch. Das ist zwar tief bedauerlich, aber es ist so. Jetzt möchte ich auch eine Lanze für unsere Richterinnen und Richter in diesem Be­reich brechen, und das ist eine persönliche Berufserfahrung von mir: Die sind mittler­weile perfekt geschult, diese Dinge in fast mediatorischer Art und Weise hinzubekom­men!

Wenn man überhaupt dort landet, ist es schon sehr schwer, sich dem Mediationsver­such einer Richterin/eines Richters zu entziehen. Dort sitzen meist ein paar vernünftige Leute am Tisch. Auch Anwälte sind nicht nur böse, kämpferische Naturen, sondern ab und an durchaus bemüht, den Klienten zu einem ordentlichen Erfolg – und der Erfolg in diesem Fall ist nicht eins zu null, denn das gibt es nicht – zu verhelfen.

Wir alle wissen – darüber brauchen wir nicht zu reden, das ist oft genug gesagt wor­den –, es gibt einen Einzigen, der leidet. Wenn ich mich mit einem Partner so weit zer­stritten habe, dass ich ihm nicht mehr in die Augen sehen kann, dann ist es mir wurscht, ob ich ihn sehe oder nicht. Aber das Problem ist: Wo ist das Kind? Sehe ich das Kind? Habe ich das Kind? Und: Was hat das Kind? Daher ist die Überschrift der Novelle, nämlich „Kindeswohl“, grundsätzlich richtig.

Bei den Richtern gibt es mittlerweile exzellente Familienrechtsexperten, die sehr darauf geschult sind, Einigungen herbeizuführen. Da habe ich großes Vertrauen. Es ist ihnen jetzt auch die Möglichkeit der Verfahrensverkürzung in die Hand gegeben worden. Es ist den Richtern zu Recht das eine oder andere Mittel einer Anordnung mitgegeben worden, also dass sie Familienberatung anordnen können und all diese Dinge, zum Teil auch Familienberatung, die nicht bei Gericht ist – es gibt da mittlerweile schon sehr viele Institutionen.

 


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