BundesratStenographisches Protokoll816. Sitzung / Seite 92

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Man muss fast ein bisschen aufpassen, dass diese Sozialinstitutionen nicht überhand­nehmen: Wenn man zu einer Verhandlung geht, und dann ist da der Anwalt des Kindes und Hilfen bei Obsorge- und Jugend-Fragen, dann kann es passieren, dass der Ge­richtssaal einmal zu klein wird, wenn man sich mit seinen Klienten und dem Richter dort treffen will und alle möglichen Begleitpersonen auch dabei sind. Aber wenn das eine Struktur bekommt, so hat das seine Richtigkeit, und wenn es einen Streit vermei­den kann, hat es das auch.

Es ist, glaube ich, auch der Beginn eines Weges, wo die Politik sich einstellen musste auf diesen Nicht-Idealzustand der Gesellschaft, und zwar vielleicht – sage ich einmal vorsichtig – ein bisschen nachhinkend, aber doch, und jetzt sehr entschieden.

Ich weiß noch nicht, ob es gut ist, dass man sich nicht eingehender damit beschäftigt hat, dass Kinder mit dem die Obsorge habenden, mit dem Aufenthalt habenden Eltern­teil unendlich weit wegziehen können, ohne dass sich einer dagegen wehren kann, ich halte das auch aus Sicht des Kindes für ein Thema, das man noch einmal wird be­sprechen müssen, ich glaube aber auch, dass wir in diesem Bereich grundsätzlich am Anfang einer Rechtsentwicklung stehen, die sicher nicht aufhören wird.

Man muss jetzt einmal beobachten, was aus diesem sehr, sehr positiven Ansatz ge­macht wird: wie er sich weiterentwickelt, wie die Gerichte ihn annehmen, wie die Men­schen, die davon betroffen sind, ihn annehmen. Das ist ein Weg, den wir scharf beob­achten müssen, und vielleicht wird man auch da oder dort nachschärfen müssen, aber ich glaube, dass der Ansatz einmal gut ist, dass der Familienrichter, wenn er denn ein­geschaltet werden muss, verschiedene Möglichkeiten hat, einen Streit zu schlichten.

In diesem Sinn sind diese Obsorgeregelung und die vielen anderen Gesetzesänderun­gen grundsätzlich positiv. Es ist ein Anfang gemacht, von dem ich glaube, dass er uns, nämlich allen rechtspflegenden Personen und allen in rechtlichen Berufen, helfen wird, die eine oder andere Streitigkeit nicht eskalieren zu lassen, und jenen, die tatsächlich ein Gericht brauchen, zu jenen entsprechend kurzen, prägnanten und fundierten Ver­fahren zu verhelfen, die sie benötigen, damit in dieser Sache Lösungen in den Konflik­ten gefunden werden können. – Ich danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bun­desrates Dönmez.)

13.24


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Schreuder zu Wort. – Bitte, Herr Kollege.

 


13.24.19

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Es ist eine Premiere im Bundesrat, dass ich eine Antwort bekommen habe, bevor ich eine Rede halte. Das fand ich sehr originell, aber Sie haben das richtig erkannt: Ja natürlich werde ich jetzt ein Plädoyer für die Schlichtungsstelle halten.

Kein Zweifel, die Grünen und ich, wir sind davon überzeugt, dass es bei der Schlich­tungsstelle keine Frage ist, ob sie kommt, sondern wann. Ich gebe das wirklich offen zu. Ich bin davon überzeugt, dass sie irgendwann einmal kommen wird, weil es einfach eine vernünftige Lösung ist. Man heiratet ja auch nicht vor Gericht. (Bundesrat Mag. Fürlinger: Auch nicht in der Schlichtungsstelle! – Allgemeine Heiterkeit.) – Manch­mal sind die Schwiegereltern mehr Schlichtungsstelle, als sie glauben. (Bundesrat Mayer: Dann überlegst du’s dir vorher! – Neuerliche allgemeine Heiterkeit.) – Dann überlegt man es sich vielleicht noch einmal, ja. – Aber jetzt im Ernst.

Ein Gericht ist aus unserer Sicht ein Ort, wo sozusagen die allerletzte Möglichkeit eines Spruches passieren soll, wenn keine Einigung passieren kann. Wir sind davon über­zeugt, dass eine Einigung auf anderen Wegen möglich ist eben durch so eine Schlich­tungsstelle.

 


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