BundesratStenographisches Protokoll818. Sitzung / Seite 94

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können. Das gibt einem schon zu denken. Wie schaut es überhaupt mit den Netto­löhnen in Österreich aus? Man sollte nämlich nicht immer die Bruttolöhne verglei­chen, sondern das Nettoeinkommen!

Ohne jetzt ins Detail zu gehen, möchte ich nur sagen: Der durchschnittliche Bruttolohn in Österreich liegt bekanntlich bei 2 000 €. Netto kriegt der Arbeitnehmer nicht einmal 1 400 € heraus, und den Arbeitgeber kostet das 2 600 €. Im Preis-/Lohnvergleich zeigt sich, dass die Schere zwischen dem netto verfügbaren Einkommen und den Preisen, die ja aufgrund der Inflationsrate immer mehr steigen, immer stärker auseinanderklafft. Es ist nicht nur die offiziell ausgewiesene Teuerung, sondern es sind vor allem die Gü­ter des täglichen Bedarfs, die wir alle kaufen müssen, um zu überleben. Deren Preise sind um 5 Prozent gestiegen. Ein von der Arbeiterkammer letzten Sommer publizierter Bericht zeigt interessanterweise, dass im Städtevergleich Wien/München in Wien die Lebensmittelkosten um 20 Prozent höher sind als in München, die Löhne hingegen um ein Viertel geringer. Da wundert es mich nicht, dass wir eine Pendlerpauschale benöti­gen, damit sich der Arbeitnehmer die Fahrten überhaupt leisten kann – und darum geht es ja. (Bundesrat Beer: Warum zahlen die Arbeitgeber nicht mehr?)

Über die kalte Progression habe ich schon einmal gesprochen, das will ich jetzt nicht noch einmal tun, nur so viel: Die Pendlerpauschale wird verteilt – 1 Milliarde €. Die kal­te Progression macht auch 1 Milliarde € aus, die die österreichische Bundesregierung lukriert, weil sie die Bemessungsgrundlagen von 11 000, 25 000 und 60 000 einfach nicht der Inflation anpasst. Das ist ein europäisches Novum, denn das macht jedes Land, nur wir offensichtlich nicht. Wenn nur diese Anpassung vorgenommen würde, hätten die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wesentlich mehr davon als von die­sem extrem komplizierten Pendlerpauschalsystem, bei dem sich eigentlich nur der Steuerberater – und der Steuerberater braucht wahrscheinlich auch einen Steuerbera­ter – auskennt.

Da wir heute Vormittag über dieses Thema gesprochen haben, sei mir ein ganz kurzer Exkurs zum Thema Föderalismus gestattet. Zentralismus ist eine Erfindung des Teu­fels, hast du, glaube ich, ein Buch zitiert. (Bundesrat Kneifel: Ja, von Notker Wolf!) Das ist sicherlich interessant, das werde ich sicherlich lesen.

Um den Föderalismus zu stärken – das wurde, glaube ich, heute schon kurz von mei­ner Kollegin Michalke angesprochen –, braucht man immer einen Steuerwettbewerb. Wenn man keinen Steuerwettbewerb mit dem Föderalismus schafft, dann macht man das ja wieder zum Zentrum, und man hat geeinigte Steuersätze, Steuertarife. Man muss einen Wettbewerb schaffen, wenn man Steuerautonomie schaffen möchte, denn wenn die Steuergelder nur zu den Ländern wandern und damit wieder alles quer über den Kamm geschoren und zentralistisch wird – halt föderalistisch-zentralistisch –, bringt es ja wieder nichts. (Bundesrat Dönmez: Aber der Herr Landeshauptmann ...!)

Beispiele sind die Schweiz, eine kleine Volkswirtschaft, der unmittelbare Nachbar von Vorarlberg, und die USA, eine große Volkswirtschaft. Der Steuerwettbewerb, der Föde­ralismus ist das Geheimnis für eine gesunde Volkswirtschaft und letztlich für ein erhöhtes persönlich verfügbares Einkommen. (Bundesrat Kneifel: Aber immer, ohne die Gesamtsteuerbelastung zu erhöhen! Ohne die Gesamtsteuerbelastung zu erhö­hen!) Richtig, aber die Gesamtsteuerbelastung wird in Österreich von selbst erhöht, ohne dass überhaupt Steuersätze erhöht werden – Beispiel kalte Progression –, und das ist ja das Tragische! Die Steuerbelastung steigt permanent, steigt täglich, und da­her die Pendlerpauschale. Die wird man wahrscheinlich im Dezember 2013 wieder be­schließen müssen, weil die Leute einfach kein Geld haben. Die können sich nichts mehr leisten, und darum geht es ja hier in Österreich.

Das dritte Thema, das die Pendlerpauschale betrifft, ist die öffentliche Infrastruktur im Großraum Wien, vor allem die U-Bahn. Bedingt durch meinen Beruf muss ich manch-


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