BundesratStenographisches Protokoll818. Sitzung / Seite 96

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überall die Steuern gesenkt werden sollen, sondern wenn du einmal sagen würdest, wer das dann zahlen soll.

Wenn du immer davon redest, dass die Steuern runtergehören, dann bin ich voll bei dir. (Bundesrat Ertl: Mach du einen Vorschlag! Bundesrätin Mühlwerth: Er hat ein­mal einen Vergleich gebracht! Entweder habt ihr nicht zugehört, oder ihr habt es nicht verstanden!) Ich sage ja gar nicht, dass die Steuern überall runtergehören. Im Gegen­teil, ich finde, für Menschen, die sehr viel Geld verdienen, ist 50 Prozent Steuern zu zahlen keine Schande. Das ist nichts Schlechtes. Über diese Menschen lasse ich das System gerne finanzieren. (Bundesrat Mag. Pisec: 36,5 Prozent?!) – Herr Kollege, nicht gerne lasse ich das System jedoch so finanzieren, dass man sagt, faire Steuern, also bei den Hochverdienenden die Steuern ein bisschen hinunter, aber vielleicht bei anderen Menschen ein bisschen hinauf, zum Beispiel für jemanden, der in der Ordi­nation eines Arztes beschäftigt ist. (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat er ja gerade ge­sagt!)

Eine Ordinationsgehilfin hat aktuell einen Kollektivvertragslohn von 1 099 € und zahlt keine Steuern. Kollege Pisec, möchtest du, dass die Steuern zahlt? Willst du der noch was „obareißen“? Die Frage ist doch: Ist das System gerecht oder nicht? Ja, es gibt Mängel. Eine hundertprozentige Steuergerechtigkeit gibt es nicht, das ist richtig. Ist das neue Pendlersystem, das wir jetzt beschließen, ist diese Veränderung der Weisheit letzter Schluss? – Das wird sicher nicht so sein, und wir werden in wenigen Monaten oder Jahren klarerweise wieder Veränderungen vornehmen müssen.

Ist es fair, dass man jenen Damen und Herren, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln fah­ren, eine andere Pauschale gibt als jenen, die mit dem Privat-PKW fahren? (Bundesrä­tin Mühlwerth: Nein!) – Du sagst nein, Frau Kollegin! Okay, das ist deine Anschauung. Sie ist vielleicht richtig, ja.

Da ich mich beruflich verändert habe, bin ich selbst sieben Monate lang mit öffentlichen Verkehrsmitteln von mir daheim nach Graz gefahren. Ich habe ein Halbjahresticket gelöst und hätte mir um dieses Geld nicht einmal das Benzin kaufen können, wenn ich mit dem Privat-PKW gefahren wäre. Also ich bin damit wirklich gut gefahren, und ich bin auch gerne öffentlich gefahren. Es schadet nicht, wenn man unter die Leute geht, und ich habe mir auch etwas gespart.

Tatsache ist, dass viele Menschen diese Möglichkeit nicht haben, mit einem öffentli­chen Verkehrsmittel zu fahren. Es gibt nicht überall U-Bahn, S-Bahn oder was auch immer. Als einfaches Beispiel: Ich bin jetzt seit ein paar Tagen beruflich in Hartberg tätig und wollte, da ich auch nach Graz öffentlich gependelt bin, mit dem Bus von mir daheim nach Hartberg fahren. Wenn man die Verbindung im Internet sucht, nämlich von Ilz, wo ich wohne, ins 30 km entfernte Hartberg, dann sieht man, dass das im günstigsten Fall 1 Stunde 7 Minuten dauert. Je nachdem, wie dann der Anschluss ist, kann das bis zu 2 Stunden 13 Minuten dauern – für 30 km! Ich bin nicht der große Ath­let, aber da wäre ich mit dem Rad schneller dort.

Bei der Rückfahrt schaut es anders aus, da geht es schneller. Da beträgt die schnellste Verbindung 1 Stunde für 30 km. Wenn man aber diesen Bus nicht erwischt, weil man ja manchmal länger bleiben muss, dann braucht man mit der langsameren Verbindung 2 Stunden 33 Minuten. Frau Kollegin, ich glaube, wir sind uns wohl einig, dass man es den Menschen nicht zumuten kann, für 30 km zweieinhalb Stunden unterwegs zu sein, und das vielleicht noch nach einem Achtstundentag. Da ist man einen ganzen Tag auf Achse.

Wenn man auf den Privat-Pkw angewiesen ist – und das ist leider vielerorts so –, dann braucht man eben eine bessere Unterstützung, auch wenn wir das nicht gerne haben. Ich würde auch gerne mit dem Bus fahren, aber das ist halt problematisch.

 


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