BundesratStenographisches Protokoll818. Sitzung / Seite 107

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Zinsbelastung von 3,75 Prozent, und das ist schon ein Level, um wieder auf den Markt zurückkehren zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neben diesen Stabilisierungsmaßnahmen müssen wir aber auch die EU weiterentwickeln. Es darf nicht sein, dass dann, wenn Banken in Schwierigkeiten geraten, der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird, oder dass beispielsweise dann, wenn Staaten durch übermäßige Schulden nicht mehr zah­lungsfähig sind, die Steuerzahler der Mitgliedsländer zur Kasse gebeten werden. Wir haben daher den ESM aufgestellt, über den wir diese Hilfeleistung in Zukunft abwickeln.

Der erste Fall, der uns diesbezüglich begegnet, wird morgen in einer Sondersitzung der Euro-Gruppe beraten werden. Ich fahre morgen, am späten Nachmittag, nach Brüssel, wo über Zypern beraten wird. Zypern hat zwei große Probleme: Einerseits steht es kurz vor einer Staatspleite. Es fehlen in etwa 10 Milliarden €, um den Staat weiter finanzieren zu können. Andererseits ist auch der große Finanzsektor, der we­sentlich stärker ist als die Realwirtschaft in Zypern, in großen Schwierigkeiten. Es geht also darum, den Bankensektor zu rekapitalisieren.

Das sind schwierige Fragen, die morgen zu entscheiden sein werden, nämlich deshalb, weil wir nur dann ein Programm für Zypern aufstellen können, wenn es in einem mittelfristigen Horizont – da denke ich ohnehin schon bis 2030 – wieder selbst auf die Beine kommt. Aber die kleine Volkswirtschaft Zypern kann diesen Megafinanzsektor nicht stemmen.

Dieser Finanzsektor ist entstanden, weil Zypern ein Steuerparadies der Sonderklasse ist, eines, bei dem die Vermutung naheliegt, dass es Geldwäsche im großen Stil gibt. Beispielsweise gibt es in Zypern Konstruktionen, von denen man nicht weiß, wer dahin­tersteht – etwas, das Österreich nicht kennt –; die Trusts beispielsweise. Daher haben wir gefordert, dass ein Programm für Zypern auch ein Trustregister vorsieht, damit wir in Zukunft wissen, wer dort unter welchen Bedingungen Geld angelegt hat.

Über 270 000 solcher Trusts gibt es auf dem kleinen Zypern. Das ist eine Dimension, die bedingt, dass man schaut, was dahinter steht. Daher hat Österreich mehrmals ein­gefordert, dass auch die Geldwäscherichtlinien in Zypern operativ umgesetzt werden müssen. Das heißt, dass wir auch durch eine dritte unabhängige Stelle erfahren kön­nen müssen, wie viel von den Geldwäscherichtlinien implementiert sind und ob das funktioniert oder nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es dann darum geht, den Banken­sektor zu retten, dann gilt in Zypern die Regelung: 100 000 € der Einlagen sind gesi­chert. Aber in Zypern liegen nicht nur europäische Gelder, sondern in Zypern liegen auch viele Milliarden außereuropäische Gelder. Und daher muss man schon fragen, ob der europäische Steuerzahler auch diese Gelder schützen muss. Es gibt eine intensive Debatte darüber, wie die Behandlung dieser Einlagen stattzufinden hat.

Sie können versichert sein, dass ich morgen mit großer Sorgfalt und vor allem mit Au­genmaß und im Sinne des Schutzes des österreichischen Steuerzahlers verhandeln werde. Das gesamte Paket muss dann raschest hier im Hohen Haus, im ESM-Un­terausschuss, beraten werden, und nur wenn dieses Hohe Haus dem Paket zustimmt, kann ich es in Europa abschließen.

Wir sind solidarisch mit Zypern, aber wir wollen Fairness im Hinblick auf Geldwäsche, Transparenz im Hinblick auf Stiftungen und Trusts – in Österreich gibt es immerhin auch ein Stiftungsregister, ebenso in Deutschland, in Liechtenstein, in der Schweiz, da­her kann auch Zypern ein derartiges Register anlegen –, und ich werde auch sehr sorgsam sein im Hinblick darauf, was das den österreichischen Steuerzahler kostet


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite