seher! Bevor ich mich dem von Vizekanzler und Außenminister Spindelegger gewählten Thema „Initiative für Religionsfreiheit und gegen Christenverfolgung“ zuwende, schicke ich zwei Bemerkungen voraus.
Erstens: Ich war und bin nach wie vor über die Wahl des Themas erstaunt, denn meiner Meinung nach gibt es eine ganze Reihe europäischer – und wir haben heute einen Europatag hier im Bundesrat –, aber auch globaler Themen, die von extrem wichtiger Bedeutung sind und die aktives Handeln von Österreich erfordern.
Angesichts der Finanzkrisen, die Auswirkungen auf alle europäischen Staaten haben und die nicht nur Angelegenheit der Finanzministerinnen und Finanzminister sind, erscheint es mir eigentlich wichtiger zu klären, was das Außenministerium, was der Vizekanzler unternimmt, um die inakzeptablen hohen Arbeitslosenraten, insbesondere die der jungen Menschen, die eine Tragödie für Europa sind, zu vermindern. Im Februar waren in der EU-27 mehr als 5,5 Millionen Menschen im Alter von unter 25 Jahren arbeitslos.
Was sind die Konzepte, die wir haben, um Armut in Europa zu bekämpfen, um Menschenhandel zu unterbinden, insbesondere was die illegale Prostitution betrifft, die nicht nur in Salzburg ein Problem darstellt? Warum gelingt es nicht, sozialen Ausgleich zwischen den europäischen Staaten voranzutreiben? Es ist ein Armutszeugnis für Europa, dass seine BewohnerInnen in großer Zahl zum Beispiel auch zu uns nach Österreich kommen, um hier als Bettler ihr Leben zu fristen. Im Übrigen hat die ÖVP eine Initiative in Salzburg abgelehnt, die darauf abzielt, in Südosteuropa Armut zu bekämpfen. (Ruf bei der ÖVP: Sie haben die falsche Rede mit! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich bin immer noch bei meinen Vorbemerkungen, zum eigentlichen Thema komme ich noch.
Die Themen Landwirtschaft, Umwelt, Verkehr sind brennende Themen in Europa, genauso wie steigender Antisemitismus und Islamophobie. Die Rechte von Frauen und Kindern weltweit zu sichern und Minderheitenrechte überall zu stärken sind dringende Anliegen großer Bevölkerungsgruppen. Und vergessen wir nicht: Europa hat den Friedensnobelpreis bekommen! Das ist Anerkennung, aber auch Auftrag für die Zukunft. – Was machen wir hier, in Österreich?
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht, aber Menschenrechte sind auch das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard, einschließlich Nahrung und Wohnung, das Recht auf soziale Sicherheit, Gesundheit und Bildung. (Beifall bei der SPÖ.)
Das betrifft auch die Entwicklungszusammenarbeit, für die der Herr Vizekanzler auch zuständig ist, denn ein menschenrechtsbasierter Ansatz zielt darauf ab, die Förderung der Menschenrechte und entwicklungspolitische Ziele in Einklang zu bringen. Auch dieses Thema bietet vielfältige Diskussionsmöglichkeiten.
Wie gesagt, viele Themen stehen an. Religionsfreiheit ist, global gesehen, sicherlich ein wichtiges Thema, betrifft aber nur einen der 30 Grundartikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und kann sicher nicht isoliert gesehen werden.
Zweite Vorbemerkung: Ich selbst bin Mitglied der katholischen Kirche.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Religion gehört zweifelsohne zu den stärksten Kräften, die Menschen zum Guten wie zum Bösen beeinflussen und auch prägen können. Religionen setzen Werte, vermitteln Orientierung und Identifikationsmöglichkeiten. Religion wird aber auch immer wieder dazu missbraucht, gröbste Verstöße gegen die Menschenrechte unter Verweis auf die sogenannten höheren Ziele zu beschönigen und zu rechtfertigen. Was es hier braucht, ist Toleranz. Das bedeutet, dass jede Person das Recht hat, ihre Religion frei zu wählen und auszuüben, solange sie dadurch die Rechte
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