BundesratStenographisches Protokoll822. Sitzung / Seite 58

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Konstrukt heraus entstanden ist, nämlich aus dem Neuhumanismus, in dem man einfach das Vertrauen hatte, dass ein guter Wissenschaftler, vor allem ein guter Philologe, auch ein guter Lehrer sein wird. Dieses Vertrauen konnte man im Neuhu­manismus durchaus haben. Heute darf man es nicht mehr haben, und zwar deswegen, weil die Universitätsfächer per se zwar für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft zentral sind – keine Frage –, aber nicht per se auch Schulzielen oder pädagogischen Zielen dienen.

Das Bewusstsein, dass ein Lehrer anders ausgebildet werden muss und dass die Fächer bei Lehrern eine andere Rolle spielen als bei einem universitären Studium an und für sich, hat sich an den Universitäten noch nicht so durchgesetzt, wie es generell wünschenswert wäre. Es hat sich in einzelnen Fächern durchaus durchgesetzt, zum Beispiel in meinem, der klassischen Philologie, wo ich selbst seit Jahrzehnten in der Lehrerbildung tätig und maßgeblich am Ausbau der Fachdidaktik beteiligt war. Dort ist dieses Bewusstsein sehr hoch.

Dieses Bewusstsein ist vor allem in Fächern hoch, die um ihre Anerkennung in der Schule immer ringen mussten, wie etwa Latein und Griechisch. In Fächern, die ganz selbstverständlich und hoch angesehen sind, wie in naturwissenschaftlichen Fächern, ist dieses Bewusstsein nicht ausgeprägt.

Und jetzt tun wir Folgendes: Wir erhöhen einerseits das Bewusstsein um die Bedeu­tung der Lehrerbildung in allen universitären Lehrerbildungsfächern, das heißt, wir erhöhen dort die Orientierung am Beruf des Lehrers, also an der Profession, anderer­seits erhöhen wir die Wissenschaftlichkeit in den ehemaligen LBA, die jetzt päda­gogische Hochschulen sind. Die LBA haben sich zwar zu pädagogischen Hochschulen weiterentwickelt, manche Dinge haben sich aber dennoch nicht geändert. Zum Beispiel gibt es keine wissenschaftlichen Fachinstitute in den pädagogischen Hochschulen.

Dort setzen wir an und erhöhen die Wissenschaftlichkeit, die Akademisierung. Es ist richtig und gut, dass die Leute diese Studien mit einem akademischen Titel ab­schließen. Das wird auch dazu führen, dass ihre Wertschätzung größer wird. Die Akademisierung ist aber kein Selbstzweck. Das Wichtigste ist, mehr Wissenschaft und mehr Professionsorientierung in die Lehrerausbildung zu bringen. Das sind die zwei ganz wesentlichen Schritte, die wir setzen.

Mehr Wissenschaft heißt dabei einerseits mehr Fachwissenschaft, also die Stärkung der Fachinstitute, die eben nur an Universitäten existieren, die man in den päda­gogischen Hochschulen auch gar nicht errichten kann – es wäre schlicht unmöglich, dort ein Physik- oder Germanistik-Institut mit allem, was dazugehört, zu errichten. Es gilt aber nicht nur diese Wissenschaft zu stärken, sondern andererseits auch die Wis­sen­schaft der Psychologie, der Pädagogik, der Hirnforschung, der Migrationsfor­schung, der Mehrsprachigkeitsforschung et cetera. Es gibt eine Fülle von neuen wissenschaftlichen Entwicklungen und Erkenntnissen, die Lehrer einfach zur Kenntnis nehmen müssen, weil sie sonst nicht am Stand des Wissens sind und daher nicht so gut unterrichten, wie sie unterrichten könnten. Das ist das Wesen von Verwissen­schaftlichung in der Lehrerausbildung.

Diese beiden Dinge tun wir jetzt, wir stellen die Weichen dazu teilweise durch eine verpflichtende, teilweise durch angeregte Kooperation zwischen beiden Institutionen.

Wir haben natürlich auch die Elementarpädagogik, die heute moniert wurde, nicht vergessen – natürlich nicht. Es dürfte aber bekannt sein, dass die Kindergarten-Aus­bildung, der Kindergartenbetrieb Ländersache ist und auch von den Gemeinden finanziert wird. Das heißt, selbst wenn wir es wollten, könnten wir das gar nicht durch­gehend mit Bundesgesetzen regeln.

 


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