BundesratStenographisches Protokoll822. Sitzung / Seite 68

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Diese Änderungen im Sexualstrafrecht halte ich deshalb für notwendig, weil dem besonderen Unrecht schwerer Eingriffe in die Rechtsgüter der sexuellen Integrität und Selbstbestimmungsfreiheit angesichts der durch sie verursachten besonderen schweren Verletzungen, nämlich der besonderen seelischen Verletzungen, um die es da geht, in den geltenden Strafrahmen noch nicht das richtige Gewicht beigemessen wird.

Es war mir daher ein begründetes Anliegen, im Bereich des Sexualstrafrechts die Not­wendigkeit der Umsetzung von Richtlinien auf den Gebieten des Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung zu nützen, um auch die Strafdrohungen im Bereich der Vergewaltigung und des qualifizierten sexuellen Missbrauchs aus Gründen der Systematik, aber natürlich auch entsprechend der gestiegenen Bedeutung des Rechts­guts der sexuellen Integrität und Selbstbestimmung, anzuheben. So soll etwa die Strafuntergrenze bei der Vergewaltigung von sechs Monaten auf ein Jahr angehoben, also somit verdoppelt werden, und jene bei der qualifizierten geschlechtlichen Nötigung soll statt bisher einem bis zu zehn Jahren auf fünf bis zu 15 Jahren, bei Tod statt bisher fünf bis zu 15 auf zehn bis zu 20 Jahren oder lebenslänglich angehoben werden.

Darüber hinaus habe ich auch auf eine rasche Umsetzung der heute bereits ange­sprochenen, im Nationalrat einstimmig angenommenen Entschließung gedrängt, wodurch im Bereich des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beein­trächtigten Person die Grundstrafdrohung von bisher sechs Monaten bis zu fünf Jahren auf eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren angehoben wird. Wir schaffen damit eine Gleichstellung bei Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträch­tigten Person mit der Vergewaltigung. Damit kann bei schweren Sexualdelikten ein grundsätzlich einheitliches Bild erreicht werden.

Der Missbrauch zu Beischlaf oder beischlafähnlichen geschlechtlichen Handlungen ist in der Grundstrafdrohung mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedroht, und zwar gilt das für alle drei Fälle, sei es, dass es sich um eine Nötigung handelt oder eben um einen Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person oder um einen sexuellen Missbrauch eines Unmündigen. Demgegenüber beträgt die Grundstrafdrohung beim Missbrauch durch eine andere geschlechtliche Handlung in allen drei Fällen nunmehr eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Die Qualifikation ist nunmehr für alle Fälle, das heißt, für sämtliche Formen des Missbrauchs einheitlich gestaffelt: nämlich Freiheitsstrafe von fünf bis 15 Jahren und Freiheitsstrafe von zehn bis 20 Jahren oder sogar lebenslange Freiheitsstrafe.

Ich glaube, dass ich damit ein wirklich wichtiges Signal in Richtung einer stärkeren Berück­sichtigung opferbezogener Faktoren im Rahmen der Strafzumessung setze und gleichzeitig in diesem Bereich auch für die systematisch richtige Abstufung sorge.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der wichtigen Diskussion über Strafrah­men und deren Angemessenheit soll aber auch nicht übersehen werden, dass wir mit dem vorliegenden Entwurf auch wichtige internationale Rechtsakte und Empfehlungen umsetzen und damit auch unserem Auftrag entsprechen, einen angemessenen Schutz für die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft zu schaffen.

An erster Stelle ist hier die im April 2011 angenommene Richtlinie der EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels zu erwähnen. Die Vorgaben dieser Richtlinie werden in Österreich im materiellen Strafrecht bereits in weiten Teilen erfüllt, weil nämlich durch die Änderungen des StGB in der jüngeren Vergangenheit zur Umsetzung internationaler Vorgaben im Bereich des Menschenhandels bereits ein hohes Schutzniveau erreicht wurde.

Deshalb sind nunmehr nur geringfügige Änderungen des § 104 StGB erforderlich, nämlich die folgenden: bei erwachsenen Opfern eine Anhebung der Grundstrafdrohung


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite