BundesratStenographisches Protokoll822. Sitzung / Seite 114

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Aus österreichischer Sicht gibt es für einen langfristigen Frieden auf dem Balkan nur einen einzigen Weg, nämlich die Einbeziehung der gesamten Region in den euro­päischen Integrationsprozess. Das stellt für die einzelnen Länder den wirksamen Anreiz dar, den jeweiligen innerstaatlichen Reformprozess voranzutreiben. So können die Länder des westlichen Balkans durch ihre eigenen Reformschritte auch die Ge­schwindigkeit der Annäherung an die EU selbst bestimmen.

Wie bekannt, sind bisher die höchste Stufe der Annäherung an die EU in den West­balkan­ländern die derzeitigen Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen. Das sind maßgeschneiderte Verträge, die auf die Bedürfnisse des jeweiligen Landes im politisch-wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reformprozess Bedacht nehmen. Solche Abkommen, wissen wir, wurden mit Mazedonien, Albanien, Bosnien und Herze­gowina, Montenegro sowie Serbien unterzeichnet. Mazedonien erhielt 2005 den Status als EU-Beitrittskandidat. Montenegro genießt seit Ende 2010 den Kandidatenstatus.

Aktuell: Nach jahrelangen Verhandlungen hat sich die EU dieser Tage darauf geeinigt, Serbien ein Datum – wahrscheinlich Dezember 2013 oder Jänner 2014 – für den Beginn von Beitrittsverhandlungen zu geben.

Zudem soll die EU grünes Licht für die Verhandlungen mit dem Kosovo über eine weitere Annäherung in Form eines Stabilisierungs- beziehungsweise Assoziierungs­abkommens erhalten.

Albanien wurde die Zuerkennung des Kandidatenstatus in Aussicht gestellt, sobald Tirana wichtige Maßnahmen im Bereich Justiz, im Bereich Verwaltung, aber auch in der Geschäftsordnung des Parlaments umgesetzt hat.

Nach meiner Auffassung müssen die politisch Verantwortlichen in manchen dieser Balkanstaaten aber über ihren eigenen Schatten springen und erst ihre Hausaufgaben machen, damit diese Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden können.

Liebe Monika, lass mich auch kurz über den, wie du es genannt hast, Sonderfall Türkei sprechen – die Türkei gilt wirklich als Sonderfall der EU-Erweiterungspolitik. Wir wissen, seit 2005 gibt es Beitrittsverhandlungen. Insgesamt wurden die Verhandlungen in 13 von 35 Kapiteln eröffnet und nur in einem einzigen provisorisch abgeschlossen. Seit 2010 geht faktisch nichts. Wir alle haben die aktuellen Entwicklungen der letzten Wochen mitverfolgt. Für die Verhandlungen zwischen der Türkei und der EU sind die nächsten Tage und Wochen und die Reaktionen der türkischen Regierung wahr­schein­lich entscheidend.

Unser Vizekanzler und Außenminister hat es meiner Meinung nach treffend formuliert: Die EU müsse eine klare Haltung einnehmen und Ankara klarmachen, dass die Gewährleistung dieser Grund- und Menschenrechte ein Kernelement der europäischen Wertegemeinschaft und notwendige Voraussetzung für die Annäherung der Türkei an die EU ist. Andere haben es so formuliert: Die Tür ist offen, aber derzeit kommt keiner durch.

Es geht um den mehrjährigen Finanzrahmen bis 2014. Dabei geht es um die Frage, in welchen Programmen doch wesentliche Mittel für die Weiterentwicklung Europas verteilt werden können. Derzeit laufen ja die Verhandlungen dazu auch mit dem Euro­päischen Parlament, und es ist darauf zu drängen, dass auch da ein erfolgreicher Abschluss erzielt werden kann.

Es ist natürlich so, dass es einerseits Stimmen gibt, die sagen, es gäbe zu wenig Mittel, während einzelne Staaten immer wieder betonen, es gäbe zu viele Mittel für die EU. Da eine Balance zu finden, wird nicht einfach sein.

 


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