BundesratStenographisches Protokoll822. Sitzung / Seite 125

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gere Sparquote. Was heißt geringere Sparquote?  Die Banken können weniger Kredite vergeben; weniger Kredite heißt wieder, die Unternehmen können sich nicht refinanzieren, können keine Außenfinanzierung beantragen und leiden darunter.

Ein kurzer Bericht, denn das ist ja ohnehin alles irgendwie nachvollziehbar: Ich kann mich noch erinnern, Anfang der neunziger Jahre gab es diese berühmte Goldgräber­stimmung im Osten, da geht es um die CEE-Länder. Da hat es Zinssätze von 10,12 Prozent gegeben, und die Unternehmen haben jede Menge Gewinn und Eigen­kapital thesaurieren können. Und jetzt gibt es Zinssätze von 2 bis 4 Prozent und alles hängt – es hängt ja alles!

Sie, sehr geehrter Herr Minister (in Richtung Bundesminister Dr. Mitterlehner) oder geschätzter Vize (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner. Heiterkeit und Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.Sagen wir: geschätzter  ich spreche es aus  Vizeminister! Es hat mir gefallen, dass er die Wirtschaft entfesseln möchte. Aber  jetzt nicht geschätzter  er hat sie selbst gefesselt. Das muss man auch einmal sagen: Er hat sie gefesselt! Das ist ja der Zustand, den wir jetzt haben.

Wenn ich den Schweizer Ökonomen Charles Blankart nennen darf  (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Der wird rotieren! Heiterkeit.– Es ist die Frage, wer am Ende rotiert. Ich zitiere:

„Eine Politik hoher Steuern und hoher Ausgaben funktioniert solange, wie ein Staat seinen Bürgern höheren Wohlstand vorgaukeln kann.“

Solange Sie das vorgaukeln, wieder: geschätzter Herr Minister, so lange funktioniert das, aber wehe, man schaut zwischen die Zeilen, wehe, man begibt sich einmal in eine Analyse hinein.

Die Stimulierung der Bauwirtschaft erinnert mich irgendwie an diese in Richtung Autokratie tendierenden asiatischen und afrikanischen Staaten, die immer dann, wenn es mit dem ganzen Land bergab geht, in die Bauwirtschaft und in die Rüstungs­industrie investieren und das Ganze dann als Wirtschaftswachstum verkaufen, was de facto eigentlich keines ist, denn wenn man aus dem Wirtschaftswachstum, aus dem Bruttoinlandsprodukt, diese Schulden herausrechnet, dann bleibt einfach nichts mehr übrig. Das ist so, das muss man einfach zur Kenntnis nehmen!

Die Wirtschaftspolitik der Regierung mit Schulden und hohen Steuern erinnert auch ein bisschen an die absolutistischen Regierungen in der Zeit kurz vor der Französischen Revolution, den Versuch von Alchemisten, dem hoch verschuldeten König Gold herzustellen. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Das erinnert irgendwie daran, dass Sie versuchen, mit Ihrer Wirtschaftspolitik Wachstum zu erzielen.  Nein, das ist alche­mistische Wirtschaftspolitik, es ist nicht real.

Bereits damals hat ein anderer Franzose, Jean-Baptiste Say, die Bedingungen für ein stabiles Gleichgewicht für die Wirtschaft formuliert, denen heute viele Staaten folgen, die wir alle neidvoll beobachten müssen. Einer davon ist die Schweiz  Respekt, Hut ab vor dieser tollen Nation!

Was ist das Rezept?  Schlanker Staat ohne Staatsschulden; geringe Steuern; Pro­duktion, Distribution, Konsumption. Wenn Sie eine Reindustrialisierung propagieren, dann müssen Sie sich auch um die Distribution kümmern!  Okay, die Außenwirtschaft boomt in Österreich, das ist richtig, aber der Import boomt noch mehr, weil viele Produkte in Österreich gar nicht mehr hergestellt werden. Bei der Konsumption, dem dritten Parameter, hapert es extrem in Österreich, da die Realeinkommen sinken. Sie versuchen, das durch die staatliche Konsumption zu kaschieren, was man wieder an diesem Konjunkturpaket sieht, das eigentlich ein Belastungspaket ist.

 


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