BundesratStenographisches Protokoll822. Sitzung / Seite 127

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Formularen zu beschäftigen. Ob es dann zielorientiert ist, ist die nächste Frage. Jedenfalls ist es mühsam, Bürokratie, hemmend und vor allem kostet es sehr viel.

Es kostet in der Verwaltung unheimlich viel, Förderungen auszuschütten, wo man doch einfach einen IFB, einen Investitionsfreibetrag, einführen könnte, wo Sie nicht einmal irgendein zusätzliches Verwaltungsorgan anstellen müssten, den jeder Betrieb selbst errechnen und dann selbst die Früchte seiner Ernte übernehmen kann. Das ist wesentlich besser als immer diese Fördermodelle, immer diese Unterstützungs­model­le, die sicher nicht zielorientiert sind und sicher nicht den wirklich bedürftigen Unter­nehmen, die, wie in diesem Fall, hängen, zugutekommen, obwohl sie es könnten, sollten und vor allem müssten.

Dies fördert unternehmensseitig, wie schon erwähnt, die Bildung von Eigenkapital. Eigenkapital ist die Kennziffer, die heute hergezeigt werden muss. Wenn man zur Bank geht, Geld haben möchte, um seine Wirtschaft, um seinen Betrieb zu stimulieren, anzu­kurbeln, in Fahrt zu bringen, muss man Eigenkapital aufweisen. Das wird immer mehr nachgefragt, vor allem, weil für die Banken aufgrund des Basel-III-Abkommens selber die Eigenkapitalquote die wichtigste Kennzahl geworden ist. Einer spielt den Ball dem anderen zu – die Banken haben kein Eigenkapital, die Unternehmen haben kein Eigenkapital –, und im Gesamten kommt das dann nicht in Fahrt.

Die entscheidende Rolle spielt der österreichische Staat, die negative Hauptrolle, weil mit seiner Hauptgeldnachfrage, dem berühmten Crowding-out-Effekt mit schon über 200 Milliarden Staatsanleihen, verbraucht er das gesamte Kreditangebot. Vor allem sind diese Staatsanleihen nicht mit Eigenkapital hinterlegt, die sind extra ausge­nommen aus den Basel-III-Vorschriften, damit ja diese Staatenfinanzierung, damit ja diese Schuldenfinanzierung funktionieren kann. Und mit dieser Eminenz, mit dieser  ich möchte geradezu sagen  Brutalität drängt sich der Staat in die marktorientierte Wirtschaft, in die Realwirtschaft hinein. Das hat noch nie funktioniert, das wird nie funktionieren und das führt immer nur ins Gegenteil. Es gibt genügend Beispiele in der Geschichte. Warum Sie, sehr geehrter Herr Minister, nicht einmal versuchen, einen anderen Standpunkt einzubringen oder zu propagieren und natürlich auch umzusetzen, ist mir ein Rätsel.

Ich habe mir kurz den Leitantrag der Wirtschaftskammer angesehen, weil die Wirt­schafts­kammer ja letztlich jene Organisation ist, die eigentlich Unternehmer vertreten soll. Dieser wurde 2010 eingebracht und ist gültig bis 2015, ist also derzeit aktuell, sollte man glauben. Allein der erste Halbsatz  das sind drei Seiten, ich habe sie jetzt hier bei mir am Tisch liegen; ich rezitiere das jetzt frei , genügt, um zu wissen, wie Wirtschaftspolitik funktionieren könnte. Der ist ja gar nicht so schlecht. Da steht drinnen: Die angebotsorientierten Standortbestimmungen für Unternehmen sind zu unterstützen.

Das entscheidende Wort ist das Wort „angebotsorientiert“. Das ist die berühmte Supply-Side Economy. Ich weiß nicht, vielleicht ist Ihnen der Fehler  beziehungsweise nicht Ihnen, sondern der Wirtschaftskammer  passiert, es ist ihnen hineingerutscht, aber mit diesem einen Halbsatz haben Sie die gesamte Wirtschaftspolitik drinnen, und das ist buchstäblich das Gegenteil davon, was Sie propagieren. Also entweder nimmt die Wirtschaftskammer sich selbst nicht ernst, was ich manchmal auch vermute, oder der Satz ist ihnen irrtümlich hereingerutscht, denn angebotsorientierte Wirtschaft heißt  das ist auch von Jean-Baptiste Say, habe ich mir herausgesucht –, jedes Angebot schafft seine Nachfrage.

Wenn das Angebot nicht da ist, gibt es keine Nachfrage, siehe Alpine. Wenn die halt so aufgebläht sind, so viele Baustellen haben in einem Moment, im nächsten Jahr wieder nichts, ist klar, dass die keine Arbeit haben. Das Ganze muss sich selber rechnen.


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