BundesratStenographisches Protokoll822. Sitzung / Seite 169

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Schauen wir uns aber an, wie das auf der anderen Seite beim Arbeiterkammer­wahlrecht ist! – Man muss bedenken, dass die Arbeiterkammerwahl die viertgrößte Wahl in Österreich ist, wenn man es bundesweit betrachtet. Zwar hat jedes Bundes­land für sich einen eigenen Wahltermin, aber in Summe betrachtet ist das die viert­größte Wahl nach der Bundespräsidenten-, der Europa- und der Nationalratswahl.

Schauen wir einmal den Wahlgrundsatz „Allgemeinheit“ an! – Bei der Allgemeinheit muss man feststellen, dass leider zirka 25 Prozent jener, die die Arbeiterkammer vertritt, schlussendlich nicht wahlberechtigt sind. Lehrlinge und Karenzierte sind vom allgemeinen Wahlrecht eigentlich ausgeschlossen. Sie müssen zuerst hineinreklamie­ren, damit sie schlussendlich ihre Stimme abgeben können. Das heißt, sie sind nicht von Haus aus dabei, sondern müssen sozusagen betteln, damit sie wählen gehen dürfen. (Bundesrat Todt: Aber bei der Wirtschaftskammer ist es genauso! Dort ist es sogar noch ungerechter!)

Ein Lehrling darf ab 16 Jahren sogar einen Bundespräsidenten wählen. Er darf sogar einen Bundeskanzler wählen, er darf einen Landeshauptmann wählen. Wen er aber nicht wählen darf, ist einen Arbeiterkammerpräsidenten. Da muss er sich hineinrekla­mieren – und das ist nicht richtig!

Schauen wir uns jetzt den Wahlgrundsatz „Gleichheit“ an! – Man muss ganz ehrlich sagen: Die Gleichheit ist gegeben. Jede Stimme zählt auch bei der Arbeiterkammer­wahl gleich viel. Das ist gut so. (Bundesrat Todt: Bei der Wirtschaftskammer ist das anders!)

Schauen wir uns den Wahlgrundsatz „Unmittelbarkeit“ – Stichwort: Vorzugsstimme – an! – Während bei Nationalratswahlen mittlerweile sogar mittels Nummer eine Vor­zugs­stimme vergeben werden kann, kann man bei der Arbeiterkammerwahl leider nur eine Liste wählen. Man kann keine persönliche Vorzugsstimme geben. Dabei wäre das gerade in der Arbeiterkammer so wichtig. (Präsident Mayer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir sagen immer, wir müssen zum Bürger, wir müssen zum Wähler hinkommen. Ge­rade in diesem Bereich wäre es wichtig, dass man Vorzugsstimmen vergeben kann. Gerade die Betriebsräte sind jene, die ganz nahe bei den Menschen sind. Gerade die Betriebsräte sind die, die nahe beim Bürger sind. Da müssen wir schauen, dass man eine Vorzugsstimme geben kann, denn die Menschen sollen denjenigen bei der Arbeiterkammerwahl wählen können, der sie dann schlussendlich auch vertreten soll. (Ruf bei der SPÖ: Betriebsräte? Betriebsräte oder Kammerräte?)

Nun zum Persönlichkeitswahlrecht und zum freien und geheimen Wahlrecht: Da möchte ich eines zum Thema „Briefwahl“ erwähnen, und zwar: Bei der Arbeiterkam­merwahl ist es leider nicht so, dass die Briefwahl anonym ist. Auf dem Wahlkuvert, das zurückgesendet wird, ist der Name des Wählers aufgedruckt. Das heißt, man kann keine Anonymität gewähren. Man sieht bereits am Kuvert, wer die Stimme abgibt. Das ist nicht gescheit. Unser Vorschlag ist, dass es da ein Überkuvert gibt. (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt ja gar nicht!)

Ein Letztes zum Verhältniswahlrecht: Bei der Arbeiterkammer bestimmt die Mehrheit darüber, was alle bekommen. Es ist nicht so wie zum Beispiel im Nationalrat oder im Landtag, wo auch den kleineren Fraktionen dementsprechende Rechte und Pflichten zukommen. (Bundesrat Todt: Also das Wahlrecht in Niederösterreich ist schon auch ein bisschen ungerecht!)

Wir in Niederösterreich haben diese und andere Probleme aufgezeigt, auch in der letzten Vollversammlung. Das wurde von der SPÖ klarerweise abgelehnt, weil sie kein modernes Wahlrecht wünschen, weil sie dort verhaftet bleiben wollen, wo sie sind.

 


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