BundesratStenographisches Protokoll823. Sitzung / Seite 41

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tionieren, wie man sich davor schützen kann, dass irgendwelche Partyfotos, wo man vielleicht einmal ein bisschen zu viel getrunken hat, einem dann später auch einmal bei irgendwelchen Bewerbungen schaden. Das halte ich für ganz wichtig – aber auch: Wem gehören welche Medien? Wer hat welche Interessen im Internet, aber auch in der realen Medienwelt? Und wie kann man sich Schutz und Hilfe suchen, wenn man Opfer von was auch immer im Internet, aber auch außerhalb des Internets wird? Das halte ich für ganz wichtig.

Jetzt möchte ich aber doch zum wahrscheinlich interessantesten Thema, das uns alle in den letzten Wochen am meisten beschäftigt hat, kommen, nämlich zur sogenannten NSA-Affäre, zur PRISM-Affäre, zur Tempora-Affäre. – Man kann oder man muss der europäischen Politik hier große Verlogenheit in der gesamten Debatte vorwerfen. Na­türlich war es recht einfach, nachdem Snowden das erfreulicherweise und wichtiger­weise – das war für die Demokratie so wichtig – alles veröffentlicht und kundgetan hat, selbst einmal zu sagen: Wir haben nichts damit zu tun; böses, böses Amerika!; gleich­zeitig geht, wenn ein europäischer Staatsbürger in irgendeinem Land entführt wird, wenn ein Terroranschlag passiert, trotzdem der erste Anruf, der getätigt wird, in die USA. Das ist wahr. In Wahrheit schimpft man jetzt über die USA, und im Hinterkopf freut man sich, dass irgendjemand auf dieser Welt den „dirty job“ erledigt. – So schaut es nämlich in Wahrheit aus.

Und eines muss man der europäischen Öffentlichkeit auch vorwerfen: Nirgendwo sonst – nirgendwo sonst! – als in den USA werden die Geheimdienste auch so öffent­lich diskutiert. Dort wird das öffentlich diskutiert! Wenn hier in unserem Haus der Aus­schuss zu den Geheimdiensten tagt und ein Abgeordneter von etwas erzählt, dann macht er sich strafbar. Dann darf man nicht!

Über die Geheimdienste wird in Europa nicht öffentlich diskutiert: Wo sind die Gren­zen? Was dürfen sie? Was dürfen sie nicht? Wie schützt man Privatsphäre? – Das wird öffentlich nicht diskutiert, es wird verheimlicht. Deswegen bin ich Herrn Snowden dankbar, weil wir jetzt endlich darüber diskutieren. Als die ersten anti-amerikanischen Reflexe aufkamen, hat Snowden gesagt: Deutschland hat mit der NSA zusammenge­arbeitet, Österreich hat Verträge mit der NSA. – Und jetzt zu sagen: das „böse Ame­rika“?!

Im Übrigen halte ich – nicht, dass ich falsch verstanden werde – die Überwachung von der NSA durch PRISM und auch Tempora von Großbritannien für absolut verdam­menswürdig und für nicht zeitgemäß. Ich halte es für eine ungeheure Frechheit, dass der Datenschutz der EuropäerInnen so missachtet wird. Aber was tun wir EuropäerIn­nen? Was haben wir im Sicherheitspolizeigesetz getan, Frau Innenministerin? Ohne richterliche Kontrolle dürfen Daten überwacht werden?

Was haben wir mit der Vorratsdatenspeicherung gemacht? Sie wurde uns verkauft als Mittel zur Terrorismusbekämpfung, aber wir wissen jetzt aufgrund von Anfragen, für welche Delikte die Vorratsdatenspeicherung benutzt wurde. Es gab in 302 Fällen Aus­kunft über die Vorratsdaten, bei 438 Delikten wurden die Vorratsdaten abgefragt. Dabei ging es um alle möglichen Verbrechen, Diebstahl, Stalking, illegale Herstellung von Tabakwaren, aber um keinen einzigen Fall von Terrorismusbekämpfung. Terrorismus­bekämpfung war aber der angebliche Grund dafür, dass die Vorratsdatenspeicherung beschlossen wurde.

Ehe wir jetzt schimpfen und mit dem Zeigefinger auf andere zeigen, sollten wir unsere Hausaufgaben machen. Europa braucht einen umfassenden Datenschutz, die Daten­schutzverordnung muss so stark wie möglich werden. Österreich soll sich mit aller Kraft dafür einsetzen und die Vorratsdatenspeicherung ein für alle Mal wieder in die Ge­schichtsbücher verdammen, sie gehört weg! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

10.01

 


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