BundesratStenographisches Protokoll823. Sitzung / Seite 218

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Ich wollte eigentlich in Erinnerung rufen, wie die Haltung der ÖVP damals war – was tatsächlich in den Protokollen nachlesbar ist –, dass es nämlich nie zu einer Adoption kommen darf, weil das quasi komplett gegen die Haltung der ÖVP gehen würde. Dass das nicht gegen die Haltung der SPÖ und auch nicht gegen die Haltung der Grünen geht, das ist, glaube ich, bekannt, das wissen wir alle, das brauchen wir auch nicht noch extra auszuführen, das ist so.

Das wollte ich gerne vorab in Erinnerung rufen, damit es einfach noch einmal klar ist.

Für dieses Adoptionsrechts-Änderungsgesetz haben wir einen klaren Anlassfall. Nicht das Kindeswohl hat es ausgelöst, sondern die Klage einer Person beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Der Stein des Anstoßes war, dass Adoptionen bisher so verlaufen sind, dass der leibliche Vater zum Beispiel nur durch einen Mann und die leibliche Mutter nur durch eine Frau ersetzt werden kann. Das steht einfach so drin, und das war eigentlich der Stein des Anstoßes.

Es war nie und nirgendwo die sexuelle Orientierung ein Thema, es war auch nicht das Geschlecht ein Thema der Diskriminierung, weil Mann und Frau laut Gesetz nicht dis­kriminiert werden und dieselben Rechte haben. Der Europäische Gerichtshof für Men­schenrechte hat auch nicht entschieden, dass die Menschenrechtskonvention Öster­reich dazu verpflichtet, homosexuellen Paaren die Adoption zu ermöglichen. Es geht um die ungleiche Behandlung homosexueller und nicht verheirateter heterosexueller Paare.

Dass man jetzt diesen Vorschlag so schnell durch den Ministerrat geboxt hat, ist ir­gendwie schade, somit hat keine öffentliche Diskussion stattgefunden. (Bundesrat Schreuder: Seit 20 Jahren!) Ich finde es eigentlich schade, dass wir in unserem Land, in dem wir frei leben, solch ein Thema nicht einer öffentlichen Diskussion zumuten. Das halte ich für eine äußerst traurige Situation. (Bundesrat Schreuder: Seit 20 Jahren wird darüber diskutiert!)

Es gibt ein Urteil, aber die Umsetzung hätte gar nicht so lauten müssen, wie sie jetzt lautet. Es hätte auch eine andere Möglichkeit gegeben, Kollege Mayer, du weißt es ganz genau. Es hätte zum Beispiel die von der ÖVP so hoch gelobte Ehe, der so viel Wert zugestimmt wird  (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Richtig. Man hätte die Lösung so wählen können, dass die Möglichkeit der Adoption einschließlich der Stiefkindadop­tion auf Ehepaare eingeschränkt worden wäre. Das wäre genau die gleiche Lösung ge­wesen. Also sagen Sie nicht, dass es alternativlos gewesen wäre; selbstverständlich hätte es eine Lösung gegeben. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Das ist übrigens in 37 von 47 Staaten, die Mitgliedstaaten der Menschenrechtskonven­tion sind, so geregelt. Also wir wären gar keine Exoten gewesen, sondern wir wären einfach mittendrin gewesen.

Ich möchte jetzt zu meiner ganz persönlichen Haltung etwas sagen, und ich hoffe, Sie hören mir auch zu, Kollege Schreuder.

Ich bin sehr froh, dass es in diesem Land schon lange keine Stigmatisierung bezüglich der Lebensformen, bezüglich sexueller Orientierung, bezüglich Hautfarbe oder Religion gibt. Das ist mir schlicht und einfach wurscht, wie jemand lebt. Es hat jeder das Recht, so zu leben, wie er will. Ich bin die Erste, die das unterstützt, ich bin mehr als bereit, das zu akzeptieren, und ich tue es auch. Für mich gibt es diesbezüglich gar keine Dis­kussion.

Ich möchte auch gar kein Moralapostel sein, aber ich möchte schon, dass die ÖVP, wenn sie in sämtlichen möglichen und unmöglichen Situationen der Ehe einen so ho­hen Stellenwert beimisst, bei jeder konfessionellen Gelegenheit etwa – natürlich, die Ehe ist ja auch ein Sakrament, und man darf das auch sagen –, noch einmal ganz klar im Kopf durchspielt, worauf sie sich hier einlässt.

 


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