BundesratStenographisches Protokoll824. Sitzung / Seite 129

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Man fragt sich dann, ob denn wirklich alle Opfer waren. Bernard Madoff ist im Jahr 2009 zu, wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe, 125 Jahren Haft verurteilt wor­den. Da kann man sagen, das war halt ein Einzeltäter, der sich die Taschen vollge­stopft hat, aber sonst hat niemand etwas gewusst. Das ist natürlich bei einem Betrugs­system dieses Ausmaßes schwer vorstellbar.

Wie Sie wissen, schreibt die besten Geschichten das Leben. Ich habe mir gedacht, wenn ich heute schon neuerlich im Bundesrat angelobt werde, dann möchte ich auch etwas mitbringen – ein kleines Weihnachtsgeschenk, darum auch heute die kleine Dringliche Anfrage. In Vorbereitung dieser Dringlichen Anfrage habe ich im Zuge der Recherche den „Boston Globe“ vom 3. Dezember 2013 gefunden, und in diesem wird erzählt, dass die Nummer zwei im Betrugssystem Bernard Madoff, nämlich Herr Frank DiPascali, vor Kurzem zu „singen“ begonnen hat, wie man so schön sagt.

DiPascali sagt, dass seit dem Jahr 1975 – ich bin im Jahr 1974 geboren, also kann man sich in etwa die Dimension vorstellen – bekannt war, dass dieses System ein Be­trugssystem ist, und es wurden auch die Großinvestoren darüber informiert. Jetzt kann man davon ausgehen, dass vielleicht manche informiert worden sind, die sitzen aber nicht in Österreich. Was hat das jetzt mit uns zu tun? Was hat das mit der Bank Austria zu tun? – Im Zuge der letzten Monate wurde immer wieder in verschiedenen Zei­tungen – in der „Kronen Zeitung“, aber auch im „profil“ – der Revisionsbericht der Bank Austria aus dem Jahr 2003 zitiert.

Dieser Revisionsbericht der Bank Austria aus dem Jahr 2003 ist insofern nicht unin­teressant, als er eine wunderschöne Graphik enthält. (Der Redner hält ein Blatt Papier, auf dem die erwähnte Graphik abgebildet ist, in die Höhe.) Auf dieser Graphik sieht man, wie die Bank Austria gemeinsam mit der AVZ diese Vertriebsgemeinschaft ge­gründet hat. Im Revisionsbericht liest man eigentlich, alles ist super, alles ist toll, alles passt. Das einzige Problem ist: Über die Zusammenarbeit mit Madoff existiert seitens der BA Worldwide Fund Management lediglich ein internes Gesprächsprotokoll im Zu­sammenhang mit einigen Besuchen bei der Firma Madoff in New York.

Das ist auch interessant, dass man die Entscheidung für ein Geschäftsmodell auf eine mündliche Absprache hin trifft und sich nicht, wie es eigentlich üblich ist, etwas Schrift­liches geben lässt. Nein, es gibt nur Besuchsprotokolle, und dann schaut man da wei­ter – ich habe dieses Besuchsprotokoll zufällig da –, und es wird darin Herr DiPascali – dessen Aussage, dass das eigentlich allgemein bekannt war, dass das ein Betrugs­system ist, im „Boston Globe“ vor ein paar Tagen wiedergegeben wurde – wörtlich zi­tiert.

Ich würde Sie ersuchen, jetzt gut zuzuhören. Das ist nämlich notwendig, um zu ver­stehen, wie dieses Betrugssystem aufgebaut war. Da schreibt der Manager der Bank Austria, dessen Namen ich hier nicht nennen werde:

Die Strategie wird wesentlich durch spezielle Computersysteme, die an die Kunden­wünsche entsprechend angepasst werden, unterstützt. Die Investitionsentscheidungen hingegen werden selbstständig von den Managern durchgeführt. Bernard Madoff In­vestment Securities gibt vor, die zukünftige Entwicklung des Marktes vorhersehen zu können. – Zitatende.

Das ist interessant. Offensichtlich hat Herr Madoff eine Glaskugel gehabt. Aber Herr DiPascali wird deutlicher. Er sagt nämlich wörtlich: „(...) vielleicht können wir nur die nächsten 10 oder 15 Minuten vorhersehen, aber wir beobachten stets den Markt. Wenn wir einen Auftrag bekommen, ein großes Aktienpaket zu kaufen, das momentan bei 40 Dollar notiert und das Limit 44 Dollar beträgt, kann es nicht falsch sein, diesel­ben Aktien für 41 oder 42 Dollar für unser eigenes Portfolio zu kaufen.“

 


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