BundesratStenographisches Protokoll824. Sitzung / Seite 130

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Was heißt das? – Das ist nichts anderes als klassischer Insiderhandel, der in Öster­reich seit dem Jahr 1993 und in den USA meines Wissens seit 125 Jahren verboten ist. Seit dem Jahr 2000 war die Bank Austria darüber informiert, dass hier Insiderhandel betrieben wird. Trotzdem hat man bis zum Jahr 2008, bis zum Zusammenbruch dieses Systems, weiter Gelder investiert – und eben nicht nur Gelder der Bank Austria oder Gelder von deren Investoren, sondern auch Gelder der AVZ, also Gelder, die aus dem Volksvermögen der Stadt Wien kommen, wo jeder Wiener daran mitgearbeitet hat, dass diese Gelder erwirtschaftet werden. – Das ist der Punkt. Darum sitzen wir heute da. Weil ich sage: Darüber reden wir jetzt einmal!

Es ist notwendig, dass wir darüber reden, denn es kann nicht sein, dass einer der größten Betrugsskandale, der hier offenbar ist, seit Jahren verschleppt wird. Er wird nämlich insofern verschleppt, als seit dem Jahr 2009 in der Republik ein Verfahren anhängig ist – und seit dem Jahr 2009 geschieht nichts! Es geschieht nichts! Es gibt ein paar Zeugeneinvernahmen, aber es gibt keine Anklagen. Es gibt nichts. Es gibt überhaupt nichts!

Da muss man sich dann darauf verlassen, dass zufällig ein englischer Buchautor ein Buch darüber schreibt, das dann zufällig den Weg nach Österreich findet, damit man einmal darüber informiert wird, was eigentlich bei uns los ist. Das ist eigentlich ein Wahnsinn und das ist ein Skandal, und da sage ich Ihnen, angesichts von so etwas haben wir als Volksvertreter natürlich auch die Pflicht, darüber zu sprechen.

Um noch einmal ganz kurz die AVZ anzusprechen: Es ist ja nicht so, dass diese AVZ hier so ungemein transparent gearbeitet hat. Man hat schon seinerzeit bei der Grün­dung der AVZ gleich eine AVZ GesmbH gegründet, und damit man da in Österreich gar nicht hineinschauen kann, hat man sie in Düsseldorf angesiedelt. Man hat also das Geld, das man vorher privatisiert hat, gleich einmal nach Düsseldorf transferiert, damit die österreichischen Behörden überhaupt keinen Einblick mehr haben. – Das nur, um zu zeigen, dass es hier durchaus schon im Vorfeld Interessen gab, dass man mit die­sem Geld, das man offenbar als Spielgeld betrachtet hat, am internationalen Finanz­markt arbeiten kann.

Aber es gibt noch eine weitere wesentliche Verbindung, und ich möchte es Ihnen nicht vorenthalten, dass ich diese hier anspreche, denn ich glaube, dass es notwendig ist, auch die Funktion der Bank Medici näher zu betrachten. Die Bank Medici war eine Pri­vatbank in Wien, gegründet in den 1980er Jahren von Frau Sonja Kohn, und die Bank Austria war mit 25 Prozent an der Bank Medici beteiligt. 75 Prozent hat Frau Sonja Kohn innegehabt, 25 Prozent die Bank Austria. Und warum die Bank Medici „Bank Medici“ heißt, hat Frau Kohn in einem launigen Interview einmal so erklärt: Sie hat nachgeschaut, und der Name „Medici“ war markenrechtlich nicht geschützt, darum hat sie ihn genommen. Sie hat nichts mit der Familie Medici in Florenz zu tun, sondern es hat einfach gut geklungen und sie hat sich den Namen genommen – was ja nicht blöd ist und was durchaus zeigt, dass sie gewusst hat, was sie tut.

Die Bank Medici war Provisionsvertriebspartner sowohl der Bank Austria auf der einen Seite als auch der Bernard Madoff International Securities auf der anderen Seite und hat diese Fonds vertrieben, nämlich den Madoff Primeo-Fonds und später auch den Herald-Fonds, und hat natürlich im Prinzip dieselben Geschäftsmodelle weiterentwi­ckelt. Sie stellt sich selbst auch als Opfer dar – das kann man jetzt glauben oder nicht. Wenn wir uns diesen Revisionsbericht aus dem Jahr 2000 inklusive der Reiseberichte, die ich gerade vorhin zitiert habe, vor Augen halten, ist das zumindest in Zweifel zu ziehen. Was aber ganz wesentlich ist – und da sind wir jetzt wieder in typisch öster­reichischen Gefilden –, ist der Umstand, dass Frau Sonja Kohn ja nur deshalb die Lizenz für den Bankbetrieb in diesem Staat bekommen hat, weil sie bestens politisch vernetzt war.

 


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