BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 26

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Am Dach des Parlamentsgebäudes weht jetzt bis Ende Dezember neben der EU-Fahne und jener der Republik Österreich auch die von Kärnten, stellvertretend für alle übrigen Bundesländer. Gestatten Sie mir als Bürgermeister einer Kärntner Gemeinde, dass ich mir auf dem Dach auch noch die Fahne meiner Heimatgemeinde Mallnitz dazudenke. (Heiterkeit.) Damit wäre dann nämlich exakt jener Bereich abgesteckt, in dessen Spannungsfeld die Arbeit des Bundesrates zu erfolgen hat. Er hat die Inter­essen der Bundesländer und ihrer Gemeinden gegenüber dem Bund und gegenüber der EU zu vertreten beziehungsweise zu artikulieren und im Bedarfsfall auch vermittelnd tätig zu werden.

Somit kommt dem Bundesrat eigentlich eine unglaublich wichtige Funktion zu, nicht zuletzt auch deshalb, weil ja die Europäische Union immer wieder ein Europa der Regionen propagiert. Die politische Wirklichkeit sieht vielfach allerdings leider anders aus. Denken wir etwa nur an die derzeitigen Verhandlungen – der Herr Landes­hauptmann hat es schon erwähnt – zwischen Europa und den USA bezüglich eines Handelsabkommens, des Transatlantic Trade and Investment Partnership, das derzeit unter dem Kürzel TTIP durch die Medien geistert. Es wird von einer auflagenstarken Zeitung jeden Tag promotet. Anstatt diese Verhandlungen mit größtmöglicher Trans­parenz unter Einbindung regionaler Gremien, wozu auch der Bundesrat zu zählen wäre, durchzuführen, finden die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen statt.

Kann es sein, dass der Europäischen Union die Interessen der multinationalen Kon­zerne wichtiger sind als jene der eigenen Regionen und der dort lebenden Menschen? Die derzeitige Vorgangsweise lässt jedenfalls einen Schluss zu: In dieser Causa sind meiner Meinung nach nun die Bundesregierung und die Wirtschaftskammer gefordert, hier helfend oder ausgleichend einzugreifen.

Als Vertreter einer Region kann ich dazu nur sagen, dass solch ein Handeln der Europäischen Union à la longue in die Sackgasse führen wird.

Dasselbe trifft übrigens auch auf den Bund zu, wenn beispielsweise von Wiener Schreib­tischen aus ohne Rücksicht auf lokale und regionale Gegebenheiten zum Beispiel Postämter oder Polizeistationen geschlossen werden. Aus Sicht jenes Tun­nelblicks, den man möglicherweise in den langen Korridoren der Wiener Ministerien entwickelt, mag es schon stimmen, dass Polizisten Schreibtische bewacht haben. Aus der Perspektive eines Bürgermeisters einer Landgemeinde kann ich diese Sichtweise ganz und gar nicht teilen, denn meine Wahrnehmung – und auch jene vieler anderer Bürgermeister – war eine völlig andere.

Angesichts des eben Angesprochenen darf es nicht verwundern, wenn in den Bun­desländern draußen über die in Wien und die in Brüssel geschimpft wird. In einem föderalen Gebilde müsste sich eine Zentrale meiner Meinung nach eigentlich eher als Vermittlungs- und Koordinationsstelle zwischen den einzelnen Regionen, sprich Bundesländern, verstehen denn als Einrichtung, die über die Interessen der Regionen drüberfährt.

Der Bundesrat ist das berufene Gremium, dies aufzuzeigen. Die Verbitterung über die da in Wien darf nicht, wie in Kärnten vor wenigen Jahren geschehen, so weit führen, dass Freistaatphantasien entwickelt werden.

Um erst gar nicht das Klima für solche Bestrebungen entstehen zu lassen, ist eine Aufwertung des Bundesrates dringend notwendig. Ideen dafür gibt es genug; sie werden schon seit Jahren immer wieder genannt. Zuletzt bei der im heurigen Frühjahr stattgefundenen Enquete, deren Resultate Gott sei Dank jetzt in die richtige Richtung weiter bearbeitet werden. Mit dem Kärntner Vorsitz im Bundesrat und in der Lan-


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