BundesratStenographisches Protokoll833. Sitzung / Seite 21

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Die Pädagogik hat sich im Laufe der Jahrhunderte gewandelt, denn vor 250 Jahren gab es den Begriff der Kindheit überhaupt noch nicht. Mit Kindern wurde umgegangen wie mit kleinen Erwachsenen, sind sie verstorben, sind sie halt verstorben. Man hat mit ihnen gemacht, was man wollte. Das heißt, diesen Begriff der Kindheit und das Ver­ständnis dafür, dass kleine Menschen etwas Besonderes sind und auch besonderer Zuwendung bedürfen, gab es nicht. Zudem möchte ich auch noch diese Phasen der „schwarzen Pädagogik“ erwähnen, wo wir alle nachlesen können, was Kindern an Ver­letzungen zugefügt wurde und wird, damit sie funktionieren.

Wenn ich heute noch immer höre, dass manche sagen: Das, was uns nicht geschadet hat, wird ja wohl für die heutigen Kinder auch gut genug sein!, nämlich zu fünfzigst in einer Klasse zu sitzen und im Frontalunterricht unterrichtet zu werden, dann, muss ich sagen, bin ich froh, dass sich die Pädagogik gewandelt hat, dass wir uns Kindern heute anders zuwenden. Dennoch gibt es immer noch viele Kinder – ich habe es eingangs mit diesem Beispiel aus dem Krankenhaus erwähnt –, die zugerichtet werden, und ich sage bewusst: zugerichtet. Und immer noch ist die vorherrschende Meinung: Na ja, das, was im Elternhaus nicht geschieht, muss die Schule reparieren! Ganz so sehe ich es natürlich auch nicht, wissend, dass die Schule heutzutage einen hohen, auch ge­sellschaftspolitischen und individuell politischen Anspruch erfüllen muss, den die Fami­lie nicht leisten kann. Das heißt, dass die Anforderungen an das österreichische Bil­dungssystem anders sind. Sie sind riesig und sehr herausfordernd.

Wenn wir mit dieser Schuleingangsphase NEU die Entwicklungsphasen der Kinder zwischen dem fünften und siebten Lebensjahr mehr bedenken – mit „Schulstart NEU“ haben wir es auf der Regierungsklausur umschrieben –, dann, so meine ich, trägt das ein Stück weit dazu bei, dass nicht nur Pädagogen und Pädagoginnen besser zueinan­der finden können, sondern dass auch die Eltern zu anderen Bildungspartnern und part­nerinnen werden können, indem sie diesen pädagogischen Nutzen erkennen.

Man darf nicht vergessen, es geht nicht nur um unterschiedlich ausgebildete Erwach­sene, die hier zusammenkommen sollen und im Portfoliosystem oder im Pensenbuch­system Dinge über die Kinder erfahren, die sie übernehmen, auch woher sie kommen. Es geht auch darum, dass man versucht, in diesen 35 Netzwerkprojekten unterschied­liche Systeme zusammenzubringen, denn so föderal, wie wir strukturiert sind, so unter­schiedlich sind hier auch die Gesetzeslagen. Der Bund macht ein Grundsatzgesetz, die Länder verabschieden ihre Durchführungsgesetze. Wir haben zum Beispiel fast neun verschiedene Regelungen für Pflichtschulinspektoren und ‑inspektorinnen in den Bun­desländern, um nur ein Beispiel zu nennen, das heute nicht Thema sein soll. Aber auch die neun Kindergartengesetze machen natürlich keinen bundesweiten Qualitäts­rahmen, den wir auch im Regierungsprogramm festgeschrieben haben.

Ich finde das schon bemerkenswert, neu und von neuer Qualität – vielleicht auch damit zusammenhängend, dass sich beim Koalitionspartner der Begriff der Bildung als sehr wichtiger Begriff, der vorher auch wichtig war, aber jetzt unter dem neuen Herrn Vize­kanzler umso mehr, herausgebildet hat –, dass die Kleinen, auch die verschiedenen Phasen betreffend, in den Fokus gerückt werden und die Erwachsenenbildung gestärkt wird. Gerade diese Woche ist im Ministerrat die Initiative Erwachsenenbildung verab­schiedet worden, die nächsten drei Jahre sind finanziell abgesichert. Also wir schauen schon, dass von Anfang an möglichst die beste Bildung an unsere Kinder, aber auch an erwachsene Menschen herangetragen wird.

Hier weht ein neuer Wind. Das ist gut so, dass wir gemeinsam diese drei Jahre so be­trachten, dass man sagt, wir schauen jeweils vom Entwicklungsstand der Kinder her, wie sich die Kinder individuell, auch in welchem Tempo, weiterentwickeln, und dem wollen wir Rechnung tragen. Es ist zu kurz gegriffen zu sagen, Deutsch vor Schulein­tritt muss sein. Wir wollen aber, und zwar gemeinsam in der Koalition, in der Bundes-


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