BundesratStenographisches Protokoll835. Sitzung / Seite 10

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Ich möchte den Fokus meines Beitrages heute auf ein solches Problemfeld lenken, das meiner Interpretation nach mit einem Ihrer Schwerpunkte, nämlich der Stärkung der Demokratie und der Förderung der Zivilgesellschaft, zu tun hat, möchte meinen Fokus auf ein Thema richten, das für Europa und seine Nachbarländer aktuell eine enorme Herausforderung darstellt und zu dem es, soweit ich informiert bin, auf EU-Ebene dieser Tage etwas Bewegung gibt, nämlich das Thema Gewalt, und im Speziellen Gewalt an Kindern.

Österreich hat die Gewalt an Kindern vor 25 Jahren gesetzlich verboten und war damals unter den Vorreitern weltweit. Angesichts dessen, dass dieses Verbot von Gewalt an Kindern im selben Jahr, nämlich 1989, auch in Form der UN-Kinder­rechts­konvention beschlossen wurde, würde man meinen, dass inzwischen alle Länder in dieser Frage nachgezogen haben. Das ist allerdings ein trauriger Irrglaube.

Allein innerhalb der Europäischen Union gibt es nach wie vor zehn Länder, in denen Gewalt als legitimes Erziehungsmittel anerkannt ist, darunter Länder wie England, Belgien, Italien, Frankreich. Nur 40 Länder weltweit haben Gewalt als legitimes Erzie­hungs­mittel bisher verboten.

Das bedeutet laut UNICEF, dass weltweit nur 5 Prozent aller Kinder in Ländern leben, in denen Gewalt an Minderjährigen verboten ist.

Gewalt kennt bekannterweise verschiedene Formen. Neben der physischen und psychischen Gewalt an jungen Menschen gibt es auch in Europa beispielsweise den Bereich des Kinderhandels und seiner grauenhaften Formen: die Kinderpornographie und die Kinderprostitution.

Laut neuestem UNO-Bericht zum Menschenhandel wächst dieses Problem derzeit sogar an. In den Jahren 2010 bis 2012 waren ein Drittel der Opfer von Menschen­handel Kinder. Das ist ein Anstieg von 5 Prozent zum vorherigen Vergleichszeitraum.

Zurück zu Österreich: Die gesetzliche Lage in Österreich ist, wie schon berichtet, vorbildlich. Dennoch klaffen die Realität für Kinder in Österreich und die theoretische Gesetzeslage weit auseinander. Im Jahr 2011 gab es – wieder laut UNICEF Öster­reich – über 10 000 Anzeigen von Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Die genaue Dunkelziffer kennt man nicht.

Eine kürzlich vom Familien- und Jugendministerium veröffentlichte Umfrage zeigt, dass zwei Drittel der Österreicher und Österreicherinnen einen leichten Klaps als Erzie­hungsmaßnahme für zulässig halten. Auch das Schlagen mit der Hand – sagen 20 Pro­zent – und heftige Ohrfeigen – 5 Prozent – sind legitim, trotz 25-jährigen Ver­botes.

Am Beispiel Schweden könnten wir lernen, dass es einer Reihe bewusstseinsbildender Maßnahmen bedarf, um die Gewaltrate tatsächlich zu senken. Hier müssen Österreich und viele andere europäische Länder aktiver werden. Als Pädagogin und Politikerin muss ich darauf hinweisen, dass Gewalt immer auch neue Gewalt auslöst. Gene­rationen, die unter Gewalterfahrung heranwachsen, werden selbst auch gewaltbereit sein – und das nicht nur in den eigenen vier Wänden. Sie lernen, dass Gewalt ein adäquates Mittel zur Lösung von Konflikten darstellt – für welche Konflikte auch immer –, aber wir wünschen uns doch alle ein Europa des Friedens in jeder Hinsicht.

Das Friedensprojekt Europa ist die Kernidee der EU. Daher ist es aus meiner Sicht unumgänglich, dass sich Europa, die EU und wir dieses Themas „Gewalt an jungen Menschen“ annehmen. Österreich kann da, was die gesetzliche Lage betrifft, mit gutem Beispiel vorangehen. Es gibt europaweit in der Zivilgesellschaft unzählige ExpertInnen und Einrichtungen, die sich diesem Thema verschrieben haben. Diese gilt es zu stärken und zu unterstützen.

 


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