BundesratStenographisches Protokoll837. Sitzung / Seite 57

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Ich darf Ihnen einen Satz des damaligen Vorsitzenden der Kommission zur Erhaltung des Weltkulturerbes von der UNESCO, den er gegenüber der Wiener Stadtregierung En­de der neunziger Jahre geäußert hat, zitieren: Wien wird regiert von einer Stadt der Barbaren. – Zitatende. Man nimmt nicht darauf Rücksicht, und es wird immer ärger und ärger. Das geht so weit, dass sogar auf news.at und in der Zeitschrift „NEWS“ getitelt wird: „So wird Österreichs Erbe zerstört“. Es wird darin über Jugendstilvillen, Barock­häuser und Schlösser berichtet, die nicht saniert, sondern abgerissen werden. In Wien sind in der Nachkriegszeit durch diese Umstände mehr Schäden entstanden als im Zweiten Weltkrieg selber, und das stellen wir in Frage.

Wir wollen ganz besonders die Bürgerrechte gewahrt wissen. Fragen wir doch die Wie­ner Bürger: Wollen sie das Hochhauskonzept hier im Zentrum Wiens? Wollen sie, dass am Schottentor ein Hochhaus gebaut wird? Wollen sie, dass am Karlsplatz ein Hoch­haus gebaut wird? – Da rede ich noch gar nicht vom archäologischen Aspekt, dass man auch in die Tiefe bauen muss, und dass so das kulturelle römische Erbe – auf das du, lieber Kollege Kneifel, so stolz bist – ja mitangetastet wird. (Bundesrat Kneifel: Wir alle!) Denn wenn ich hoch baue, dann muss ich auch in die Tiefe bauen. Genau das muss man hier in Frage stellen. Nein, wir wollen das nicht!

Mit ganz besonderem Erschrecken muss ich feststellen, dass der Wirtschaftsbund Wien – an ganz vorderster Stelle, die liebe Kollegin Zwazl ist jetzt nicht da, aber viel­leicht kann sie mit ihm sprechen – hier mit Begeisterung mitmacht und uns allen sagt: Man muss in Wien in die Höhe bauen. – Nein, müssen wir nicht! Man kann auch in die Breite bauen, aber sicherlich nicht im Zentrum Wiens. Und da wundert es mich sehr, dass die ÖVP in Wien diesem Hochhauskonzept, diesem Masterplan – ja sie in erster Linie zugestimmt hat und federführend der Wirtschaftsbund Wien. – Nein, das wollen wir von der FPÖ definitiv nicht.

Zu diesem kulturellen Erbe gehören nicht nur Gebäude, sondern es gehören auch der öffentliche Raum, die Parkanlagen, die Gartenanlagen dazu. In Wien wird nur verbaut. Zum Beispiel: Gegen eine Verbauung der Steinhofgründe gab es 80 000 Unterschrif­ten. – Der Stadtregierung ist das egal. Auch das Spital Lainz, eine Grünoase, wird ver­baut. Auch der Eislaufplatz des Wiener Eislaufvereines wird verbaut, somit wird der Blick zum Konzerthaus verschwinden. Der Resselpark – ich kann mich selber erin­nern – ist nur noch ein Drittel von dem, wie er vor 20 Jahren war. Auf Areale, wie Park­anlagen, öffentliche Räume, darauf wird in Wien nicht Rücksicht genommen.

Du hast es schon erwähnt (in Richtung des Bundesrates Kneifel): Ein Papier ist immer so gut, wie es die Vertragspartner sind. Wir von der Freiheitlichen Partei wissen, dass die Vertragspartner Österreichs – Entschuldigung, wenn ich das der SPÖ und ÖVP sa­gen darf – schlechte sind. Sie unterschreiben viel. Die Realität sieht leider anders aus. Ich habe mir erlaubt, hier einiges aus der Praxis zu berichten.

Aber um bei Wien zu bleiben, es geht ja weiter: Die Trabrennbahn, die heute ein Frei­raum, eine Oase ist – 1873 hat dort die Weltausstellung stattgefunden –, soll auch ver­baut werden. Womit? Sicherlich wieder mit Hochhäusern. Neustift am Walde ist heu­te ein Graus. Ich bin nicht unbedingt ein Heurigengeher, aber es tut mir leid, wenn ich sehe, dass dort ein Heuriger nach dem anderen niedergerissen wird, und so weiter und so fort.

Was noch dazukommt, und was ich der Wiener Stadtregierung extrem vorwerfe, ist, dass sie auch am Nutzen der Bürger vorbeiprojiziert. Es ist ja nicht so, dass diese Pro­jekte dann angenommen werden – siehe Gasometer, das ist heute eine Geisterstadt.

Dort steht das Wiener Stadt- und Landesarchiv, eine gute Errungenschaft. Dort hätte man ja ohne Weiteres auch das Wien Museum ansiedeln können. Jeder hat damals gesagt: Macht aus diesem Gasometer keine Wohnungen, vor allem kein Einkaufszen­trum! Das wird nicht angenommen werden.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite