BundesratStenographisches Protokoll837. Sitzung / Seite 56

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Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Mag. Pi­sec. – Bitte.

 


11.47.55

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist ein wirklich sehr in­teressantes Übereinkommen, das man nur in jedem Sinne unterstützen kann. Es fügt immaterielle und materielle Erinnerungskultur – so möchte ich es nennen – zusammen, und das hat es bis jetzt in dieser Form noch nicht gegeben.

Immateriell, das sind die Menschenrechte, das ist die Rechtsstaatlichkeit, das ist das ganze Postulat der Demokratie. Das Materielle, das ist der archäologische Wert, aber natürlich auch die gesamte Baukultur, in der wir hier, gerade in Wien – im Sinne des Tourismus, wie es tagtäglich gezeigt wird –, leben.

Ich möchte mich vor allem auf die Menschenrechte konzentrieren, weil die Menschen­rechte auch Bürgerrechte, auch Freiheitsrechte sind. Was für einen Freiheitlichen ex­trem wichtig ist, ist die Genesis des Wahlrechts, auch die Genesis darüber, wie der Bürger hier in Europa zu seinen Rechten gekommen ist.

Es hat alles in England begonnen, wie vieles aus England kommt, was mit der Wirt­schaft, mit Freiheit, mit Parlamentarismus zu tun hat. Die Gedanken sind dann in die USA, nach Amerika gewandert, wo es zur berühmten Boston Tea Party kam. Heute gibt es auch da die kulturelle Erinnerung an die Tea Party, heute erinnert sich jeder an diesen Namen, denn man hat sich vom Machtanspruch, vom Herrschaftsanspruch des europäischen – damals noch absolutistischen – Zeitalters und praktisch von der Steu­erhoheit befreit und sich legendär die Unabhängigkeit geschaffen.

Dieser Gedanke der Freiheitsrechte ist nach Europa gewandert und es kam zur be­rühmten Französischen Revolution. Die Freiheitsrechte von damals, von 1791, sind heu­te noch Teil der französischen Verfassung. Die Bewegung ging bis nach Österreich, und das Jahr 1848 war unser Weg zur Freiheit, zur marktwirtschaftlichen Ordnung, zu den Eigentumsrechten, zu den Bürgerrechten.

1867 wurden diese Rechte ins Staatsgrundgesetz aufgenommen und sind heute Teil des Bundes-Verfassungsgesetzes von 1920 und 1929. Dieses Staatsgrundgesetz, die­se Freiheitsrechte des Bürgers, diese Mitbestimmungsrechte des Bürgers, worauf sich unsere österreichische Demokratie beruft und worauf sie stolz ist, das ist auch die Ent­wicklung des Wahlrechts, der Bürgerbeteiligung.

Das ist ein wesentlicher Punkt, denn der Wille des Bürgers muss gehört werden. Der Wille des Bürgers ist deshalb so wichtig, damit man es weiß und man es auch nachver­folgen kann, was mit der kulturellen Tradition, mit dem Erbe unserer Väter geschieht. Das ist das, worauf wir achtgeben müssen, denn das ist der eigentliche Wert, den wir haben.

Diese Sicherung der Bürgerrechte ist ein Punkt, der in Wien – und jetzt komme ich auf das Thema Wien, denn als Wiener Bundesrat darf ich darauf eingehen – in Frage ge­stellt wird, und zwar durch die rot-grüne Stadtregierung. In Wien haben wir es mit einer Neuformierung der kulturellen Werte in diesem Sinne zu tun, dass auf dieses kulturelle Erbe – welches hier so wunderbar formuliert worden ist, dass es besser gar nicht sein könnte – nicht Rücksicht genommen wird, worauf nicht eingegangen wird. Somit wird auch auf die Rechte des Bürgers nicht eingegangen.

Ich kann mich nicht erinnern, dass in den letzten 20 Jahren ein einziges Bauprojekt in Wien wirklich mit Begeisterung aufgenommen worden wäre. Gerade die UNESCO, die so wichtig ist, die Kommission zur Erhaltung des Weltkulturerbes, weist auf das Unver­ständnis hier in Wien hin. Warum man hier auf das kulturelle Erbe nicht Rücksicht nimmt, das versteht die Kommission nicht.

 


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