BundesratStenographisches Protokoll837. Sitzung / Seite 55

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Notwendigkeit der Achtung der Freiheiten der anderen ist deshalb von besonderer Be­deutung, da der Europarat darauf hinweist, dass das Weltkulturerbe und auch das eu­ropäische Kulturerbe eine Möglichkeit ist, einen Dialog zwischen Kulturen, Gesellschafts­strukturen und Religionen zustande zu bringen.

Insgesamt sagt dieses Rahmenübereinkommen, das sich übrigens – und das finde ich jetzt besonders spannend – auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte beruft, dass es eine individuelle und kollektive Verantwortung für die Bewahrung und die Nut­zung dessen gibt, was Menschen geschaffen haben.

Das Kulturerbe – und jetzt komme ich zu Gottfried Kneifel zurück, der ja vom Frie­denslimes gesprochen hat –, so steht es im Rahmenübereinkommen, ist der Schlüssel für eine friedliche und demokratische Entwicklung. Ich finde das extrem spannend und bin froh darüber, dass wir, als eine Wissensgesellschaft, solche Übereinkommen ha­ben, und dass wir heute – ein, zwei Stunden später – die materiell-rechtlichen Bestim­mungen des Internationalen Strafgerichtshofes implementieren. Hier geht es auch – ge­rade in der Welt von heute – um den Schutz von Kulturgut.

Ich erinnere nur an die unglaubliche Zerstörung durch die Taliban an uraltem Kulturgut und auch durch die IS, die derzeit wichtiges Kulturgut zerstört. Es gilt hier vor allem, nicht nur die Menschen in bewaffneten Konflikten zu schützen, sondern auch das Kul­turgut. Dabei geht es auch wieder um die Frage von Toleranz und Respekt.

Kommen wir zum zweiten Übereinkommen, zum Schutz des archäologischen Erbes: Da geht es jetzt nicht um die Debatte, die wir immer wieder haben: Nofretete will nach Hause. Aber es geht schon auch um heimliche und illegale Ausgrabungen. Natürlich kann man sagen, dass in der Zeit, in der die Nofretete ausgegraben worden ist, in ers­ter Linie mehr oder weniger Grabräuber unterwegs waren. Schliemann ist wahrschein­lich der größte davon mit seinen 9 800 Exponaten des sogenannten Troja-Schatzes oder Agamemnon-Schatzes. Heute befindet sich der Schatz in Russland und wird wahr­scheinlich für immer dort bleiben, weil man das rechtlich gar nicht mehr irgendwohin zu­rückführen kann.

Ich finde es sehr spannend, was in Malta gemacht worden ist. In Malta sind vor 7 000 Jah­ren Menschen gelandet, von denen wir nicht wissen, woher sie gekommen sind. Nach 5 000 Jahren sind sie gegangen und wir wissen nicht, wohin sie gegangen sind. Aber sie haben in der Tiefe des Bodens eine Kultur hinterlassen. Dort befinden sich un­glaubliche Tempel, und man ist zu Tränen gerührt, wenn man das sieht. Und jetzt ist aus­gerechnet dort diese Konvention geschaffen worden, die besagt – wie auch Gottfried Kneifel schon ausgeführt hat –, dass der Schutz des archäologischen Erbes auch ein Schutz gegen groß angelegte und wachsende Großprojekte in Europa ist.

Ich habe selber, als ich noch in Wien am Bauernmarkt gewohnt habe, eine unglaublich schöne Ausgrabung gesehen. Die ganze Ausgrabung wurde gefilmt, danach wurde ein Haus darauf gebaut und sie wurde weggerissen. Das ist genau der Grund, dass wir für den Schutz dieses Wissens ein staatliches Schutzsystem brauchen, da unser Denk­malschutz nicht immer ausreicht – das hat auch Gottfried Kneifel angesprochen. Oft sind Dinge zwar denkmalgeschützt, aber dann wird das Dach ein bisschen gelockert, damit viel Regen hineinfällt und dann ist irgendwann die Substanz kaputt. Auch das sind wichtige Dinge.

Allerdings sagt diese Konvention, dass heimliche und unwissenschaftliche Ausgrabun­gen – und die haben wir natürlich immer wieder – von den einzelnen Staaten, die das Übereinkommen unterzeichnet haben, zu verbieten sind.

In diesem Sinne, Herr Minister, freuen wir uns, dass es diese beiden Rahmenüberein­kommen gibt, diese Initiative des Europarates und dass Österreich hier aktiv dabei ist. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)

11.47

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite