BundesratStenographisches Protokoll837. Sitzung / Seite 71

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zige substanzielle Kritik der FPÖ ist, dass da nichts zu lesen sei, so ist das irgendwie symptomatisch, wenn man auf Seite eins einen Satz hernimmt und den nur zur Hälfte vorträgt:

„Die größte politische Herausforderung 2013 war der blutige Konflikt in Syrien, ...“

Das ist ein Halbsatz, und ohne den zweiten Teil des Satzes: „der mit dem Einsatz che­mischer Kampfmittel einen erschreckenden Tiefpunkt erreichte“, kann man keinen Schluss daraus ziehen.

Okay, ich muss ehrlich sagen, als einer der Vorsitzenden der Union für das Mittelmeer war ich nicht ganz glücklich darüber, wie diese chemischen Kampfmittel aus Syrien entsorgt wurden, aber sie wurden entsorgt, und das bringt dieser Satz zum Ausdruck.

Der Kollege hat gesagt, Syrien kommt so wenig vor. Syrien kommt auf den Seiten 1, 56, 57, 86, 92, 93, 129, 133, 134, 160, 173, 174, 175, 185, 189, 198, 199, 206, 208, 217, 225, 227, 228, 229, 230, 243, 263, 330 und 331 vor. Man muss halt in der Lage sein, eine Conclusio daraus zu ziehen, und wenn man das tut, dann weiß man, dass hier zum Beispiel bereits vor der Verstärkung sunnitischer Milizen gewarnt wird, die nämlich den Syrienkonflikt außer Rand und Band bringen, wie wir ja sehen.

Ich möchte, ebenso wie Kollege Mayer, auch von meiner Fraktion, Herr Außenminister, tiefen Respekt ausdrücken, wie Sie den Vorsitz des Ministerkomitees im Europarat „ge­handlet“ haben. Das ist nämlich der Unterschied: Da sind auf einer Seite die Europäi­sche Union und das transatlantische Verteidigungsbündnis, die geostrategische Inter­essen haben, auf der anderen Seite ist der Europarat, der viel größer ist als die Euro­päische Union. Und dieser Europarat, dem es eigentlich um Menschenrechte, Rechts­staatlichkeit und Demokratie geht, hat einen Familienkonflikt bekommen, einen Fami­lienkonflikt zwischen zwei Familienmitgliedern, nämlich der Ukraine und Russland.

In dieser Funktion muss man sich einer anderen Sprache bedienen, und das haben Sie getan. Wir haben das auch getan. Hätte ich nicht die grauen Haare schon gehabt, hät­te ich sie spätestens als Vorsitzender des Monitoringkomitees des Europarates bekom­men.

Und jetzt kommt etwas, was mir besonders wichtig ist, Herr Minister: Gestern hat Barack Obama einen Satz gesagt: „Todos somos americanos“, und hat damit eigent­lich die Tür zur Beendigung eines über 50-jährigen Konflikts aufgemacht. Das heißt, heute Morgen ist ein Stück Weltgeschichte geschrieben worden. Und in diesem Sinne könnten wir auch auf Russisch sagen: „my vse evropejcy“, wir alle sind Europa. Wenn wir denken, dass wir Friede und Entwicklung in Europa ohne Russland oder gegen Russland erreichen können, dann irren wir.

Das heißt, wir müssen mit Russland wieder eine Partnerschaft auf Augenhöhe und mit klaren Abmachungen finden. Der frühere Außenminister Genscher hat vor Kurzem ei­nen Appell an die europäischen Staaten gerichtet, was Russland betrifft: Entfeindet euch! – Es kann ja nicht sein, dass wir heute hier sitzen und schauen und sagen: Wow, der Rubel ist um 50 Prozent gefallen, hat 50 Prozent des Wertes eingebüßt! Russland ist nicht etwas Isoliertes, Russland ist Teil Europas, und wir sind auch ein Teil davon. Wir bilden eine verflochtene Gemeinschaft. Mit meinem Bericht im April musste ich da­mals Russland die Stimmrechte entziehen, aber wir müssen Russland in dieser Ge­meinschaft halten, und zwar jetzt im Jänner.

Nur über den Europarat haben 200 Millionen Menschen Zugang zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Wer will die Verantwortung tragen, 200 Millionen Men­schen den individuellen und direkten Zugang zum Europäischen Menschenrechtsge­richtshof abzugraben? Ich weiß, in Europa gibt es einen gewissen Revanchismus. Ich habe unlängst gelesen, gehört, Herr Minister, dass auch Sie im Konzert der Außenmi-


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