BundesratStenographisches Protokoll837. Sitzung / Seite 126

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Dazu kann man natürlich die Frage stellen, ob der ORF, und das sollten wir offen dis­kutieren, tatsächlich auch all das abdecken soll, was er derzeit abdeckt. Ö3 und ORF eins werden natürlich immer als Beispiele genannt von typisch privaten  (Bundesrat Schen­nach: Ö1? Privat?) – Nein! ORF eins und Ö3! Sollte ich Ö1 gesagt haben, Entschuldi­gung, dann war das ein Versprecher. Das sind schon eindeutig Sender, die auch das machen, was private Sender in einem erheblichen Ausmaß machen.

Allerdings, das muss man auch sagen, wenn der ORF nach wie vor, und das wurde auch vom Kollegen Jenewein so genannt, mit Reichweiten gemessen wird und wenn die Quoten und die Reichweiten immer noch sozusagen die heilige Kuh und das Non­plusultra der Medienlandschaft sind, wonach man alles misst, dann hat es der ORF auch ein bisschen schwer. Da, muss ich sagen, verstehe ich den ORF auch bis zu ei­nem gewissen Grad, weil der Gradmesser einfach so ist.

Man muss auch sagen: Das Fernsehen wurde von öffentlich-rechtlichen Stationen in Europa gegründet. Im Nachkriegseuropa waren es die öffentlich-rechtlichen Institutio­nen, die das Fernsehen sozusagen massentauglich gemacht haben. Die Privaten ka­men später und in Österreich besonders spät, das wissen wir auch, was natürlich im­mer noch eine gewisse Marktverschiebung zur Folge hat. Und Unterhaltung war auch immer Teil dieses Programms. Ich habe ja ein relativ entspanntes Verhältnis zu Unter­haltung, ich finde, Menschen haben auch das Recht auf Unterhaltung, auch in einem öffentlich-rechtlichen Kanal. (Bundesrat Schennach: Das ist auch Sendeauftrag!) – Das ist auch ein Sendeauftrag, und so gesehen sehe ich das ganz gelassen, dass man sich auch unterhalten darf – ich finde das in Ordnung.

Die größte Herausforderung, das sei hier schon auch gesagt, das wurde auch schon genannt, ist, dass sich das Archiv ausgeweitet hat, und das habe ich mit Freuden ver­nommen. Ich bin ja oft hier gestanden und habe gesagt: BBC ist ein Beispiel. Es wäre so ein Schatz auch für Forscher und Forscherinnen und für interessierte Menschen, wenn man das Archiv nutzen könnte. Man stelle sich vor, es gäbe alle „Zeit im Bild“-Sendungen aller Zeiten digital verfügbar, und man könnte nach Stichworten ganz schnell finden: Was hat Kreisky 1972 zu diesem oder jenem Thema gesagt? Das würde ich mir noch vermehrt wünschen. Ich weiß, das ist eine kostenintensive Geschichte. Aber ge­nau das halte ich tatsächlich für einen öffentlich-rechtlichen Auftrag von ganz besonde­rem Ausmaß.

Der ORF hat 2015 große Herausforderungen vor sich, und es ist kein Geheimnis, dass ich ein großer Fan des Eurovision Song Contest bin. Natürlich wünsche ich dem ORF einen großen Erfolg, weil es ja auch in unser aller Interesse ist, dass hier ein sehr weltoffenes, fröhliches, freundliches, tolerantes und respektvolles Österreich internatio­nal präsentiert werden kann, das finden wir auch sehr schön. (Zwischenruf des Bun­desrates Schennach.) In diesem Sinne hoffe ich natürlich auch, dass der ORF ganz intensiv über die Zukunft der Medien überhaupt nachdenkt.

Wir sollten nicht vergessen: Als die Zeitungen erfunden wurden, waren es die Aristo­kratInnen, die dachten: Jetzt haben wir ein Problem. Als dann die Radios kamen, ha­ben die Zeitungen gesagt: Jetzt haben wir ein Problem, jetzt werden wir abgeschafft. Als dann das Fernsehen kam, haben die Radios und die Zeitungen gesagt: Jetzt haben wir ein Problem, jetzt schaffen die uns ab. Als das Internet kam, haben das Fernsehen, das Radio und die Zeitungen gesagt: Jetzt haben wir ein Problem, und wir werden ab­geschafft. (Zwischenruf des Bundesrates Novak.)

Leichter macht es der diverse Markt und diese Diversifizierung des Marktes für keinen der Player, auch nicht für das Internet, nebenbei bemerkt. Aber die Herausforderungen sind natürlich enorm, weil sich auch das Konsumverhalten in ganz enormem Maße ver­ändert, denn jetzt reden wir nicht nur vom Internet, sondern jetzt gibt es auch den Un-


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