glaube aber trotzdem, dass es hier noch dramatischer ist, vor allem, wenn man sich anschaut, dass mehr als 50 Prozent aller Pflegegeldbezieher in der Stufe 1 und in der Stufe 2 sind.
Die Zuerkennungsraten sind ja auch sehr niedrig. 2014 wurden bei der Stufe 1 42 Prozent zuerkannt und bei der Stufe 2 nur 31 Prozent. Also bei der Stufe 2 sind es ein Drittel und bei der Stufe 1 nicht einmal die Hälfte, die zuerkannt worden sind – obwohl die Leute das sicher gebraucht hätten.
Wir glauben, dass das Sparen am falschen Ort ist. Wir geben für die Langzeitpflege rund 1,3 Prozent des BIP aus. Das ist weniger als in vielen anderen Ländern. Dabei können wir noch froh sein, dass eine Mehrzahl der zu Pflegenden zu Hause von den Familienangehörigen gepflegt wird, denn wenn all diese Menschen Pflege von außen bräuchten, dann würde das Budget wirklich explodieren, so wie es immer prognostiziert wird – was ich auch für eine gewisse Art der Panikmache halte –, also wenn wir diese Angehörigen, die ihre Lieben zu Hause aufopfernd pflegen, nicht hätten, dann wäre die Lage wirklich dramatisch. Daher glaube ich auch, dass es so wichtig ist, in den Stufen 1 und 2 den Leuten auch dieses Pflegegeld zu geben und nicht Zahl der Stunden, die für diese Pflege veranschlagt wird, zu erhöhen.
Warum sind wir in dieser Bredouille? – Weil es seit Jahrzehnten auch ressortübergreifend – es ist ja nicht nur das Sozialministerium betroffen, sondern sehr wohl auch das Gesundheitsministerium – keine wirkliche Gesundheitsreform gegeben hat.
Es gibt genügend Vorschläge von Gesundheitsexperten. Es gibt genügend Vorschläge seitens aller Oppositionsparteien, die aber immer reflexartig zurückgewiesen werden, weil sie ja nicht von ihnen selber sind. Statt dass man hergeht und sich alle Vorschläge hernimmt und anschaut und sich fragt: Was könnte denn brauchbar sein, was könnten wir anwenden und wie könnten wir es anwenden?, und dann sagt: Reden wir miteinander, setzen wir uns an einen Tisch und schauen wir, dass wir eine Reform aus einem Guss schaffen!, passiert zwar nicht nichts, aber es ist ein gewisses Stückwerk, bei dem Sie sich Schritt für Schritt vorantasten, ein Stückwerk, bei dem Sie hoffen, dass es jetzt eine Zeit lang hält. Und dann hält es natürlich irgendwann nicht mehr.
Das ist aber schon bei der Beschlussfassung abzusehen. Dann machen Sie wieder den nächsten Schritt und fangen neu an. Sie machen fünf Schritte zurück, um dann zwei Schritte wieder nach vorne zu machen.
Ich glaube, dass das der völlig falsche Weg ist. Nehmen wir etwa das Beispiel her, dass Tausende Menschen in Akutbetten versorgt werden, weil einfach die Struktur in der Geriatrie, weil die Struktur in der Langzeitpflege nicht funktioniert und endlich aus einem Guss gemacht gehört. Und genau das passiert nicht!
Wie gesagt, die Vorschläge liegen vor. Und wenn Sie schon die Oppositionsparteien negieren wollen, nehmen Sie doch vielleicht einmal die Vorschläge der Gesundheitsexperten. Da ist auch einiges enthalten, das durchaus brauchbar und anwendbar wäre.
Ich glaube, in einem sind wir uns, bei aller Unterschiedlichkeit der Bewertung, einig: dass wir in Österreich eine hochwertige Pflege haben wollen, dass die Menschen darauf vertrauen könnens sollen, dass sie eine Pflege, wenn sie sie brauchen, auch tatsächlich in einer guten Qualität bekommen werden, und dass die meisten Menschen zu Hause bleiben wollen. Die meisten Menschen wollen zuhause in ihrer vertrauten Umgebung bleiben und nicht ins Heim abgeschoben werden.
Ich glaube, wenigstens das eint uns, dass wir das alle wollen, dass das möglich sein soll. Dazu müssen wir aber Geld in die Hand nehmen, und dazu brauchen wir ein gutes Konzept, das es uns auch möglich macht, diesen berechtigten Wünschen der Menschen Rechnung zu tragen.
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