BundesratStenographisches Protokoll837. Sitzung / Seite 191

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Füller schon angemerkt hat – de facto rechtlich nicht möglich, weil man jemanden nicht staatenlos machen kann.

Das hört sich jetzt vielleicht ganz hart an, aber wenn jemand in den Krisengebieten er­schossen wird, dann haben wir ein Problem weniger. Jenen Menschen, die hingehen und merken, dass das absolut nicht ihren Vorstellungen entspricht, dass das, was dort passiert, unmenschlich ist, dass das Gräueltaten sind, die dann eine andere Sichtweise haben und gerädert und geläutert wieder zurückkommen, sollten wir nicht die Türe vor der Nase zuknallen.

Wir haben mit dieser Hotline einen ersten Schritt in diese Richtung gesetzt, wir bieten Familien, Angehörigen und Betroffenen eine Anlaufstelle an, das ist erst vor Kurzem angelaufen. Bis jetzt hat es nach den mir vorliegenden Informationen in etwa 70 bis 80 Kontakte gegeben; das ist nicht wenig.

Ich bin dafür, dass wir eine vorausschauende Politik betreiben; jeder weiß, welchen Zu­gang ich zu diesen Leuten und zu dieser Geisteshaltung habe. Wenn wir Menschen, die in diesen Kriegsgebieten waren, die gesehen haben, was dort passiert, und wieder zurückkommen, wieder aufnehmen, reintegrieren, resozialisieren können, dann ist das eigentlich die beste Waffe im Kampf gegen diese Ideologie. Deshalb halte ich es für absolut kontraproduktiv, wenn wir diesen Personen die Staatsbürgerschaft entziehen, denn de facto betrifft es sehr wenige Menschen und diese sind dann staatenlos. Das Problem ist ja damit nicht aus der Welt, sie sind ja trotzdem da.

Ich denke, mit der Hotline, mit Angeboten, mit Resozialisierungsprogrammen können wir diese Leute im Kampf gegen diese Geisteshaltung einsetzen, wenn wir eben eine vorausschauende Politik betreiben.

Was die Minderjährigen betrifft: Ehrlich gesagt halte ich das für in der Praxis eher schwierig zu handhaben. Vernünftiger wäre es meiner Meinung nach, sehr geehrte Frau Ministerin, wenn unsere Behörden mehr zusammenarbeiten würden. Wir haben ja super arbeitende Behörden, aber das, was bei uns fehlt – und nicht nur in diesem Be­reich –, ist die Zusammenarbeit, ist der Austausch. Da gibt es meines Erachtens noch viel Potenzial, und es wäre begrüßenswert, wenn sich zum Beispiel die Aufenthaltsbe­hörde, das BVT und das Landesamt für Verfassungsschutz austauschen; die kennen ja ihre Pappenheimer, die wissen, wer die gefährdeten Kandidaten und Kandidatinnen sind.

Wir alle sind für Terrorismusbekämpfung und für den Schutz unserer StaatsbürgerIn­nen, und wir alle – ich glaube, da sind wir uns einig – sind dagegen, dass unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung BürgerInnenrechte ausgehöhlt werden und ein Überwachungsstaat installiert wird. Das wollen wir nicht. Wir kennen die Hotspots, und da haben wir die entsprechenden Institutionen, wie etwa den Verfassungsschutz. Es wäre angemessen und sehr hilfreich, wenn es da eine bessere Zusammenarbeit, eine Verzahnung gäbe. Entweder entzieht man solchen Leuten gleich den Reisepass, damit sie nicht reisen können – nicht erst dann, wenn sie schon am Flughafen am Schalter stehen und die Menschen in der Schlange hinter ihnen ungeduldiger werden; da kann man im Vorfeld schon einiges machen, wenn die Behörden besser zusammenarbeiten würden –, oder man erreicht, dass solch Geistes Kinder keinen Aufenthaltstitel bezie­hungsweise die Staatsbürgerschaft nicht verliehen bekommen.

Wir brauchen nicht immer neue Gesetze. Es reicht das, was wir haben, aber es gibt Verbesserungsbedarf in der Kooperation und im Austausch.

In diesem Sinne: Dem Symbole-Gesetz werden wir unsere Zustimmung erteilen, der Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes werden wir unsere Zustimmung aus den genannten Gründen nicht erteilen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grü­nen.)

20.37

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite