BundesratStenographisches Protokoll838. Sitzung / Seite 24

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Unsere Jahresbudgets sind nach wie vor nicht ausgeglichen. Jedes Jahr kommen 8 Mil­liarden € an zusätzlichen Schulden dazu. Die Zahlungen an Banken und Finanzdienst­leister machen bereits 12 Prozent unserer gesamten Staatsausgaben aus. Unser Zins­aufwand übersteigt bereits unser Bildungsbudget. Jedes Jahr zahlen wir 10 Milliar­den € an Zinsen, und das vorwiegend an ausländische Staatsanleihenbesitzer. 80 Pro­zent, meine Damen und Herren, unserer Zinszahlungen gehen ins Ausland, und das, wohlgemerkt, bei historisch niedrigstem Zinsniveau.

Die Lage ist ernst, der Handlungsbedarf ist gewaltig. Österreich ist ein gigantischer Sa­nierungsfall. Wenn die Zinssätze wieder steigen, die Konjunktur weiter einbricht oder zusätzliche Bankenhilfen wie zum Beispiel das 20-Milliarden‑Exposure der Raiffeisen Bank International in Russland schlagend werden, zerreißt es uns gewaltig und damit auch unser ganzes Sozialsystem.

Zur Staatssanierung braucht es einen nationalen Schulterschluss unter Einbindung al­ler Landeshauptleute, der Sozialpartnerschaften, Gewerkschaften und Kammern. Alle Bundesländer müssen zur Sanierung des Staatshaushaltes beitragen. Alle müssen an einem Strang ziehen.

Das Einschlagen eines harten Sanierungskurses und ein Zurückfahren unnotwendiger Staatsausgaben sind unabdingbar und nicht mehr aufschiebbar. Das muss jedem poli­tischen Entscheidungsträger klar sein. Unser Staatshaushalt hat einen Staatsausga­benkonsolidierungsbedarf von 4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, also von 12 Milli­arden €, pro Jahr, um nachhaltig ausgeglichen zu sein.

Wir müssen unseren fetten Verwaltungsapparat abspecken, Förderungen an Nichtbe­dürftige stoppen, Steuerausnahmen und Steuerschlupflöcher reduzieren, das Pensi­onsantrittsalter an die steigende Lebenserwartung koppeln, das Gesundheitssystem vereinheitlichen und der Selbstbedienungsmentalität unserer Selbstverwaltungskörper­schaften ein Ende setzen.

Wenn wir Finanzstabilität im Sinne unserer EU-Stabilitätspaktziele wollen, sind folgen­de vier Punkte prioritär umzusetzen:

Erstens: statt dem Finanzausgleich strikte nominelle Budgetvorgaben für die Länder. – Der Bund soll über den Finanzminister den Ländern mehr Jahresbudgets vorgeben, mit denen sie auskommen müssen, welche sie aber ausgabenseitig in Selbstbestimmung verwenden können.

Zweitens: ein Neuschuldenaufnahmeverbot für die Länder und deren ausgegliederte Gesellschaften als Schuldenbremse. – Länder dürfen durch zusätzliche Schuldenauf­nahmen nicht mehr ausgeben als ihr vom Finanzminister zugeteiltes Budget ausmacht.

Drittens: eine Haftungsgenehmigungspflicht durch den Finanzminister, wenn Länder zu­sätzliche Haftungen übernehmen wollen.

Viertens: ein bundeseinheitliches Haushaltsrecht mit Bilanzerstellungspflicht für sämtli­che Gebietskörperschaften, nicht nur für den Bund, auch für die Länder und Gemein­den auf Basis internationaler IFRS-Rechnungslegungsstandards.

Mit einem bundeseinheitlichen Haushaltsrecht wären viele Probleme gelöst, Staatsfi­nanzentransparenz gegeben, Benchmarkerstellungen und Vergleiche zwischen den Bundesländern möglich und Verwaltungseinsparungspotenziale, gemessen am effizien­test geführten Land, auf einen Blick sichtbar gemacht.

Zur Verhinderung von korrupten Vermögenstransaktionen, zum Beispiel Vermögens­verkäufen unter Wert, Verlustversteckungen und zweckentfremdeten Fördergeldver­wendungen, müssen die Gebietskörperschaften, so wie alle Firmen auch, jährlich Bi­lanzen erstellen, die neben den Schulden auch das Vermögen und die jährlichen Ver­mögensveränderungen darstellen. Es ist ein riesiger Unterschied, ob ich Schulden


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