BundesratStenographisches Protokoll842. Sitzung / Seite 69

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Ich möchte zum Abschluss einen offenen Brief der Journalistin Dr. Susanne Scholl vorlesen, in dem sie schreibt:

„An Sie alle,

1 200 Minderjährige schlafen in Traiskirchen auf dem Boden, dürfen weder Deutsch lernen noch in die Schule gehen. Weil sie aus ihren Ländern flüchten mussten. Weil Österreich kein Interesse an ihnen hat. Weil dieses Land vergessen hat, was Mensch­lichkeit heißt. Weil Sie Zelte aufstellen, statt für menschliche Unterkünfte, für einen menschlichen Umgang mit diesen jungen Menschen zu sorgen. Weil Sie lieber unter­stellen, dass diese jungen Menschen gar nicht wirklich jung sind und Monate mit Altersfeststellungen vergehen lassen, statt diesen Kindern eine Zukunft zu bieten. Eine Schande für Österreich. Lassen Sie diese Kinder in menschenwürdige Unterkünfte bringen – die es gibt! Lassen Sie diese Kinder lernen, damit sie eine Zukunft haben! Sofort!“

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.31


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster ist Herr Bundesrat Jenewein zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.31.56

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte mich jetzt nicht zu Wort gemeldet, wenn nicht die Vorlesung meiner Vorrednerin so derart kreativ gewesen wäre. Glauben Sie mir, es liegt mir wirklich fern, die Frau Innenministerin da zu unterstützen, aber manchmal verstehe ich, dass man mit dem Koalitionspartner irgendwie ein gewisses Problem bekommt.

Wenn das Ihr Ernst ist, was Sie da jetzt von Ihrem Manuskript vorgelesen haben, dann stelle ich mir ernsthaft die Frage, warum denn niemand so ehrlich und so fair ist und sagt, dass es hier gar nicht um Asyl geht, sondern um Einwanderung. Dann können wir doch hergehen und sagen, schaffen wir doch Einwanderungsbestimmungen in die Europäischen Union, nach Österreich – dann ersparen wir uns den ganzen Zirkus.

Wir sprechen hier allerdings von Asyl. Was ist Asyl?! – Das werden Sie ja wissen. Asyl ist der Schutz auf Zeit für Menschen, die verfolgt sind, aus welchen Gründen auch immer – das ist klar definiert –, egal, ob aus religiösen, aus rassischen, aus politischen oder sonstigen.

Bitte schön, was ist denn das für ein Rechtsverständnis, zu sagen, auch jenen Men­schen, die zu uns kommen und deren Asylantrag hier abgelehnt wird, müssen wir selbstverständlich den Aufenthalt hier finanzieren, weil es so schlimm wäre, wenn die obdachlos würden?! – Jemand, der in dieses Land kommt und die Voraussetzungen nicht erfüllt, dem muss ich leider Gottes sagen: Es ist schön, dass du hier warst, aber leider Gottes erfüllst du die Voraussetzungen nicht und du musst wieder nach Hause fahren.

Das ist doch ein ganz selbstverständlicher Zugang. Ich verstehe nicht, warum man sich da dermaßen selbst in den Sack lügt, und ich verstehe es speziell bei Ihnen nicht, warum man sich so in den Sack lügt. Wissen Sie, wenn Sie sich die Zahlen der letzten Jahre anschauen – die Frau Innenministerin wird das sicher besser im Kopf haben als ich –, dann sehen sie, dass im Endeffekt knapp 70 Prozent aller Asylanträge in Österreich abgelehnt wurden – 70 Prozent! Das heißt im Umkehrschluss, 30 Prozent der Leute, die nach Österreich kommen und die um Asyl ansuchen, haben auch berechtigte Gründe, um hier in Österreich und in weiterer Folge in der Europäischen Union auch diesen Schutz zu bekommen.

 


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