BundesratStenographisches Protokoll843. Sitzung / Seite 56

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scheinlich nicht allzu viel Lust darauf, zu helfen und uns in Solidarität zu üben, sondern ganz im Gegenteil – wir würden vieles infrage stellen.

Ich glaube, das ist in diesem Zusammenhang auch absolut notwendig, denn bei aller Sympathie für die griechische Bevölkerung, bei allem Mitleid für die schwierige Situa­tion, in der sich die griechische Bevölkerung befindet, kann ich nur sagen, das, was wir von Regierungsseite erleben, ist meiner Meinung nach absolut inakzeptabel. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Novak.)

Wir haben ja teilweise schon vergessen, dass andere Länder, die in einer ähnlich schwie­rigen Situation waren, Reformen durchgeführt haben und mittlerweile auf einem guten Weg sind. Irlands Wirtschaftswachstum liegt mit über 4 Prozent zum Beispiel deutlich über dem Wirtschaftswachstum, das wir im Moment in Österreich haben. Es gibt auch andere Länder, die auf einem guten Weg sind, bei denen die Reformen gegriffen und die sich erholt haben.

Wenn Sie, Herr Abgeordneter zum Europäischen Parlament Eugen Freund, sagen, Sie haben den Begriff „zu Tode investieren“ noch nie im Lexikon gefunden, kann ich Ihnen nur recht geben – aber das Wort „Schuldenkrise“ findet man definitiv. Wenn wir nach Griechenland schauen – so hart das sein mag –, dann müssen wir definitiv zugeben, dass in Griechenland einfach lange Zeit Reformen, die anderswo stattgefunden haben, nicht stattgefunden haben, dass in Griechenland leider Gottes in vielen Bereichen über die Verhältnisse gelebt worden ist, dass leider Gottes im Wahlkampf Unrealistisches in populistischer Manier versprochen worden ist und dass sich heute, schon kurze Zeit nach der Wahl, herausstellt, dass es so schlicht und ergreifend nicht funktioniert.

Bei uns hier ist der Blick schon ein klarer, aber wenn Sie insbesondere mit Kolleginnen und Kollegen aus osteuropäischen Ländern sprechen, die teilweise wesentlich niedri­gere Mindeststandards haben, die teilweise wesentlich niedrigere Pensionen haben, glauben Sie mir, dann hält sich nicht nur das Verständnis für die notwendige Unterstüt­zung, sondern dann hält sich vor allem das Verständnis für den Tonfall sehr in Gren­zen.

Wenn der Außenminister aus Griechenland am vergangenen Wochenende der Me­dienöffentlichkeit mitteilt, wir mögen alle daran denken, dass Griechenland selbstver­ständlich Mitglied der Europäischen Union bleibe und sie bei jeder Gelegenheit durch­aus ihr Veto einsetzen können, dann ist das eine Kultur, die der Europäischen Union nicht würdig ist, und da kann man nur klar sagen: Erpressen sollten wir uns hier nicht lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein zweites Thema, das uns nicht nur in Österreich, sondern in Europa beschäftigt, sind die Asylströme, die wir derzeit erleben. Ja, hier gehört klar gesagt, dass sich die Zahl massiv verändert hat. Nicht nur, dass die Europäische Union weit mehr als eine Million Flüchtlinge in diesem Jahr erwartet, auch wir in Österreich haben eine massive Steigerung. Wir hatten 15 000 bis 20 000 Asylanträge in den letzten Jahren, über 30 000 im letzten Jahr und rechnen heuer mit 70 000. Es ist also eine Notwendigkeit, innerhalb von Österreich mit Ländern und Gemeinden an einem Strang zu ziehen, um die Unterbringungsfrage zu klären. Es ist notwendig, diejenigen, die in Österreich blei­ben dürfen, bestmöglich zu integrieren.

Ich bin froh darüber, dass es gelungen ist, 17 000 zusätzliche Deutschkurse zu schaf­fen, aber wir müssen dieses Thema auch auf europäischer Ebene diskutieren. Da geht es nicht nur um eine bessere Verteilung innerhalb der Europäischen Union, sondern meiner Meinung nach auch darum, was wir gegen diese Flüchtlingsströme tun können.

Sie haben vollkommen recht, Herr Abgeordneter Freund, wenn Sie ansprechen, dass man hier sicherlich vieles im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit tun kann, dass wir uns auch Fragen stellen müssen wie zum Beispiel, welche Regelungen wir im Be-


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