BundesratStenographisches Protokoll845. Sitzung / Seite 7

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Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Länder sind keine Reformver­wei­gerer. Alle großen Reformwerke der jüngeren Zeit, wie etwa die Gesundheits­re­form, der Stabilitätspakt oder die Polizeireform, um nur einige zu nennen, sind unter Mit­wirkung der Länder auf den Weg gebracht worden. Das bundesstaatliche Organisa­tionsprinzip Österreichs im Sinne der Gründerväter der Republik hat sich in diesen Jahren bewährt. Die Länder sind auch in der Lage, ihre Aufgaben kostenminimal zu erfüllen und sorgsam mit dem Steuergeld umzugehen.

Die Länderkonferenz vor genau 70 Jahren ist der Beweis, dass die Länder bereit sind, Verantwortung für das Staatsganze zu übernehmen. Damals erklärten sich die Bun­desländer aus den Besatzungszonen der Westalliierten bereit, Vertreter in die Staatsregierung von Dr. Renner zu entsenden, was schließlich auch die Westalliierten dazu brachte, die Regierung Renner anzuerkennen. Man muss wissen, dass damals durchwegs auch eine Teilung Österreichs in Diskussion stand, dass die westlichen Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg zwar Grüße nach Wien gerichtet haben, sich aber zu dieser Zeit noch nicht entsprechend dem Staatsganzen angegliedert haben. Dies geschah deshalb, da die Staatsregierung von Renner damals als Mario­nette der Kommunisten bezeichnet wurde.

Mit dieser Einigung vor 70 Jahren wurde die Einheit der Republik gewahrt, was in den fünf Monaten vorher eben noch keine Selbstverständlichkeit darstellte. So wie damals sind die Länder auch heute bereit, künftig ihre Beiträge für das Staatsganze zu leisten. Das Verhältnis zwischen Bund und Ländern ist aber dennoch immer wieder zu überprüfen und nachzujustieren.

Ziel muss es dabei sein, die Handlungsfähigkeit von Bund und Ländern zu stärken, die politischen Verantwortlichkeiten noch deutlicher zuzuordnen sowie eine zweckmäßige und effiziente Aufgabenerfüllung aller Gebietskörperschaften – damit schließe ich auch die Gemeinden mit ein – sicherzustellen.

Die Entflechtung der Zustimmungsrechte zwischen Bund und Ländern wäre hier konkret zu nennen. Bund und Länder haben dabei auf Augenhöhe und mit Augenmaß miteinander umzugehen. Alle Teile müssen immer wissen, dass es ein großes Ganzes gibt und dass sie für das Funktionieren des Ganzen Verantwortung tragen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich darf mit den Worten des derzeitigen Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, schließen, der feststellte, der Föderalismus sei nie Selbstzweck, sondern diene insbesondere einer Politik der Bürgernähe. Aufgabe sei es nun, auch den Födera­lismus weiterzuentwickeln und den aktuellen, modernen Erfordernissen unseres Zeit entsprechend anzupassen. Wir müssen dabei beherzigen, dass die föderale Ordnung keine Maschine ist, sondern aus Zusammengehörigkeitsgefühl, Vertrauen, Solidarität und gegenseitigen Zugeständnissen wächst.

Reformen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind eine dauerhafte Aufgabe, da sie dem lebendigen Miteinander zugeordnet sein müssen. Dieses Miteinander haben die Teilnehmer der Länderkonferenz vor genau 70 Jahren bewiesen. Es soll auch für uns Auftrag und Motivation sein und eine Richtlinie für die Lösung der heutigen und der zukünftigen Probleme in Europa, in Österreich und in unseren Bundesländern. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Zelina.)

13.12

 


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