BundesratStenographisches Protokoll845. Sitzung / Seite 38

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man aufpassen, wenn Abgeordnete und Klubobleute von auch hier im Bundesrat vertretenen Parteien mit ihren Äußerungen die gesamte Politik hinunterziehen.

Das Niveau dieser Auseinandersetzung – sage ich auch dazu – hat mich als Beob­achter negativ überrascht. Ich hoffe, dass die heutige Debatte in diesem Hause, wie üblich, würdevoller über die Bühne geht. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Meine Damen und Herren, abseits dieser überschaubar geführten Debatten stehen wir vor einer großen Herausforderung. Wir dürfen auch nicht übersehen, dass es bei einigen Mitbürgern eine Reserviertheit gegenüber Flüchtlingen gibt. Dieses Thema ist eines, das stark emotionalisiert und in zwei Seiten fällt: die eine lehnt Flüchtlinge komplett ab, die andere träumt von grenzenlosen Gesellschaften, in die alle hinein können. Beide Philosophien, beide Denkrichtungen sind abseits der Realität, keine der beiden Denkweisen ist realisierbar.

Als Politiker müssen wir einerseits darlegen, dass wir – als Gesellschaft –selbst­verständlich verpflichtet sind, zu helfen, wenn jemand in Not ist. Andererseits dürfen wir unsere Gesellschaft aber auch nicht überfordern.

Wir müssen in dieser Situation kühlen Kopf bewahren. Der oberösterreichische Lan­des­hauptmann hat als Haltung ausgegeben, die Probleme  „mit Anstand und Haus­verstand“ zu lösen.

Der Anstand, meine Damen und Herren, gebietet jedem, jemanden, der vor der Tür liegt, verhungert, verdurstet, ertrinkt, erfriert, nicht vor dieser Tür liegenzulassen. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, dass wir ihm die Tür zuschlagen und sagen: Verhungere oder verdurste! Ich gehe davon aus, dass jeder in diesem Haus genug Empathie und Mitgefühl hat, um solche Dinge zu verhindern.

In diesem Zusammenhang kann man auch einem erklecklichen Teil der Österreiche­rin­nen und Österreicher, die in den letzten Tagen, Stunden, aber auch Wochen groß­teils ehrenamtlich Hilfe geleistet haben, um die Menschen, die in diesem Flücht­lingsstrom mitgeschwommen sind, entsprechend zu versorgen, nur Hochachtung zollen. Ich glaube, dass dies eine Notwendigkeit war.

Ungeachtet dessen gebietet die Situation festzustellen, dass wir nicht jeden Flüchtling, der zu uns kommt, aufnehmen können. Bei den Zahlen des Innenministeriums zum Monat September dürfen wir festhalten, dass die Bilder des Flüchtlingsstroms eine deutlich höhere Symbolik produzieren, als sie an Inhalten liefern. Wenn 85 000 Men­schen durch Österreich gereist sind, von denen 3 400 geblieben sind, dann sugge­rieren die täglichen Bilder des ORF zu Beginn der Nachrichtensendungen ein wesentlich höheres Ausmaß an Asylsuchenden, als tatsächlich in Österreich verbleibt. Österreich ist daher in erster Linie offenbar ein Transitland und keines, das die Mehrheit der Flüchtlinge aufnimmt.

Im Sinne der europäischen Solidarität halte ich auch fest, dass es für niemanden eine Lösung ist, wenn Ungarn, Slowenien und Kroatien die Leute in Züge und Busse verfrachten und nach Österreich führen und Österreich die Leute wieder in Züge und Busse verfrachtet und nach Deutschland bringt. Das löst das Problem nicht!

Die deutsche Bundeskanzlerin hat nach dem EU-Sondergipfel richtigerweise festge­halten, dass das Problem primär eine globale Dimension hat, die meiner Meinung nach auch deutlich über die Grenzen der Europäischen Union hinausgeht.

Selbstverständlich haben viele Menschen in den Lagern in und um Syrien darauf gewartet, dass dieser Bürgerkrieg zu Ende geht. Wenn nach drei Jahren Bürgerkrieg anstelle eines Endes dieses Krieges eine Gruppe verrückter Mörder, die sich auf Gott berufen – und ich bin mir sicher: einen solchen Gott, auf den sie sich berufen, gibt es


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