BundesratStenographisches Protokoll845. Sitzung / Seite 40

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Man muss klarstellen, dass es übergeordnete Interessen gibt und dass die Staaten der Europäischen Union in dieser Situation ihre ordnungspolitischen Grundsätze behaup­ten müssen, ohne die die Rechtsstaaten nicht voll existieren können. Hier ist darauf Bedacht zu nehmen, dass das Recht für alle gilt, insbesondere auch für jene, die neu europäischen Boden betreten. Dies gilt insbesondere für geordnete Registrierung der Neuankömmlinge, Identitätsfeststellung und viele andere Dinge, das gesamte Verfah­ren.

Die Regierung, aber auch Teile der Opposition ziehen in dieser Situation an einem Strang, und ich denke, dass es Zeit ist, hier einen nationalen Schulterschluss zu machen, damit diese Situation bewältigt wird.

Ich weiß, es ist verlockend, dass man in Vorwahlzeiten das Thema auch für andere Dinge nutzt, dass man ein bisschen mit Emotionen spielt und da oder dort auch Ängste hervorruft, um sich als Alternative darzustellen und kurzfristig Stimmen zu gewinnen. Selbstverständlich ist das in der Demokratie eine legitime Option, allerdings sage ich auch dazu: Es kommt der Tag danach, an dem dann wieder Lösungen gefragt sind, und das wird dann deutlich schwieriger als vorher aus der Opposition heraus. (Zwi­schenbemerkung von Präsident Kneifel.) – Ich weiß, ich werde mich bemühen und beeilen.

Wenn irgendjemand behauptet, dass Österreich in der Lage wäre, das Problem alleine zu lösen, dann täuscht er entweder sich oder den Wähler. Wenn er es nicht besser weiß, täuscht er sich; wenn er es besser weiß, täuscht er den Wähler. Der Gedanke, dass man Österreich mit Grenzen, Militär und Zaun schützen kann, ist unsinnig, weil wir aus unserer Geschichte wissen: Stacheldrähte haben noch nie jemanden an der Flucht gehindert. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Nicht die, die bis vor 25 Jahren hinter Stacheldraht in unmenschlichen Regimen eingesperrt waren, und sie werden auch andere Flüchtlingsströme nicht aufhalten, es sei denn, Sie sprechen sich für einen Schießbefehl aus; aber diese Bilder möchte ich nicht sehen, dass österreichische Soldaten auf hereindrängende Flüchtlinge schießen müssen, um sie aufzuhalten. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Zum Thema Stacheldrähte: Stacheldrähte, Herr Kollege, sind ein Anachronismus im 21. Jahrhundert. Auch Ihnen als EU-Gegner sage ich: Die EU hat zwei Grundwerte. Das eine ist die Reisefreiheit, das andere ist die gemeinsame Währung. Wer diese bekämpft, bekämpft die Freiheit. Und wer Freiheit bekämpft, möchte sich auf den Weg zur Diktatur machen. Das müssen Sie aber dann Ihren Wählern auch sagen, damit sie wissen, woran sie sind.

Tatsache ist aber, dass wir Lösungen brauchen. Diese Lösungen sind internationale Aufgabe. Schlepperei ist ein Verbrechen, darüber müssen wir nicht diskutieren. Dass das heute verschärft wird, ist ein richtiger Ansatz. Allerdings sollten diese Verbrecher am Tatort, nämlich dort, wo sie beginnen zu schleppen, bestraft werden.

Präsident Kneifel: Bitte, zum Schluss zu kommen!

Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (fortsetzend): Es bleibt der Aufruf an alle – gekürzt –: Es ist unsere Aufgabe als Politik, den ordnungspolitischen Rahmen auch in dieser Krisensituation zu wahren. Wir müssen feststellen, dass die Regeln für alle gelten. Und wir müssen klarstellen, dass Österreich hinter der Hilfe für Bedürftige steht, aber zu klein ist, um globale Probleme zu lösen.

Wir wollen Teil einer großen Lösung sein, wir wollen Teil einer menschlichen Lösung sein, keinesfalls aber können wir solche Dimensionen alleine schultern. Ein Weg der Vernunft, des Anstandes und Hausverstandes muss gemeinsam gegangen werden,


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