und des Nahen und Mittleren Ostens ungehört verhallen. Die Verzweifelten in Syrien, im Irak, in Afghanistan, in Eritrea und Somalia und anderswo haben ganz andere Sorgen, als unsere Asylgesetze zu lesen und ihre Destination nach Anerkennungsquoten auszuwählen. Noch weniger interessiert es sie, ob das Taschengeld gekürzt oder durch Gutscheine ersetzt wird. Klar ist – und das scheint Position der gesamten Europäischen Union zu sein –, dass Signale ausgesendet werden sollen, welche die Zielländer wie Schweden, Deutschland, aber auch Österreich nicht so attraktiv erscheinen lassen.
All das ist den Krisen- und Armutsflüchtlingen keinen Gedanken wert, denn sie haben nur ein Ziel: Sie wollen ihr Leben retten – Taschengeld hin, Gutscheine her. Sie wissen, dass viele von ihnen umkommen werden wie bereits Tausende vor ihnen. Sie wissen auch, dass die Glücklichen, die es tatsächlich bis an unsere Grenzen geschafft haben, nicht mit offenen Armen aufgenommen werden, sondern dass ein beschwerlicher Weg mit viel Bürokratie und Unsicherheit auf sie wartet und dass Demütigungen und Anfeindungen ihre Wegbegleiter sein werden.
Wenn sie sich dennoch auf den Weg machen, dann ist ihr Beweggrund nicht Abenteuerlust oder der Traum von einem bequemen Leben in einem fernen, unbekannten Land, sondern die verzweifelte Lage in ihrer Heimat. Wer verlässt schon leichten Herzens seine Familie, seine Freunde, seine Bekannten, sein vertrautes Dorf, seine Stadt? Wer geht schon gerne in ein Land, dessen Sprache er nicht spricht, dessen Kultur er nicht kennt (Bundesrätin Mühlwerth: Auch nicht, wenn man jahrelang Deutsch lernt!) und von dem er weiß, dass es ihn nicht haben will?
All jenen, die über Neuankömmlinge die Nase rümpfen und den ganzen Haufen postwendend zurückschicken wollen, sei angeraten, sich in einer ruhigen Stunde zu überlegen, was sich in unserem Land verändern müsste, damit sie sich selber – sie selbst und ihre Familie – zu einer hoch riskanten Reise ins Ungewisse entschließen. Es zeugt auch von wenig Nachdenklichkeit, all die Menschen, die in Erstaufnahmeeinrichtungen, in Kasernen, in Turnhallen und desolaten Wohnhäusern untergebracht sind, als Wirtschaftsflüchtlinge und Asylbetrüger zu beschimpfen. Ihr Ziel ist im Regelfall nicht die vielbeschworene soziale Hängematte, sondern das nackte Überleben.
Ich habe in meiner langjährigen Tätigkeit als Flüchtlingsbetreuer die Schicksale vieler Asylwerber kennengelernt. Weitaus die meisten wurden nicht als asylberechtigt anerkannt, weil sie nicht politisch verfolgt worden waren. Entscheidend ist jedoch, dass nach meiner sicheren Erinnerung nahezu alle Asylwerber einen überaus triftigen Grund für das Verlassen ihrer Heimat hatten. Das sollte all jenen zu denken geben, denen das Wort Asylbetrüger so leicht über die Lippen geht.
Warum nennt man eigentlich Asylsuchende Betrüger? Kein Bauwerber, dessen Bauantrag abgelehnt wird, ist in unserem Sprachgebrauch ein Baubetrüger. Ebenso wenig ist ein Unternehmer, dessen Subventionsantrag abgelehnt wird, ein Subventionsbetrüger. Nur die erfolglosen Asylantragsteller sollen Betrüger sein? – Das ist hetzerisch.
Also belassen wir es doch gleich beim Begriff Asylant. (Zwischenruf des Bundesrates Krusche. – Bundesrat Jenewein: Herr Kollege …! – Bundesrat Schreuder: Hören Sie zu!) Doch aufgepasst! Selbst das an sich wertfreie Wort Asylant hat durch die Art und Weise, wie es von Stimmungsmachern in den letzten Jahren benutzt worden ist, eine Abwertung erfahren. Es erinnert im heutigen Sprachgebrauch an Simulant, an Querulant, an Demonstrant und Intrigant. Der Asylant ist somit auch sprachlich unversehens zu etwas Negativem geworden. (Bundesrat Jenewein: Demonstrant ist was Negatives? Ein Demonstrant ist doch nichts Negatives! Das ist schon sehr …!) Besinnung tut not, und dies beginnt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, insbesondere von der Freiheitlichen Partei, mit dem Gebrauch der Sprache.
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