BundesratStenographisches Protokoll845. Sitzung / Seite 68

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komplett gegen die Aufnahme von Flüchtlingen versperren, obwohl es leer stehende, oft bestens geeignete Gebäude gibt, und auf der anderen Seite Menschen als Notlö­sung in wirklich prekären Verhältnissen untergebracht sind.

Tirol sieht es als sehr wichtig an, dass alle an einem Strang ziehen und bestmögliche solidarische Lösungen gesucht und erzielt werden. Es erhöht einerseits den Druck auf die Gemeinden und die BürgermeisterInnen, die sich bisher gegen die Flüchtlings­unterbringungen in ihren Gemeinden gestellt haben – die Tatsache, dass Anfang nächsten Jahres Gemeinderatswahlen in Tirol stattfinden, spielt hier natürlich auch noch als entscheidender Faktor mit herein –, andererseits nimmt es aber auch extrem den Druck von jenen BürgermeisterInnen, die gerne ihren Beitrag in ihrer Gemeinde leisten würden, aber dem Druck mancher Teile der Öffentlichkeit oder auch in den eigenen Reihen gegenüberstehen und dem vielleicht nicht standhalten können. Alles in allem ein großes Danke aus Tirol und natürlich unsere Zustimmung zu TOP 1.

TOP 2 werden wir nicht zustimmen, und ich möchte das erklären: Natürlich sind wir gegen Schlepperei. Natürlich sind wir dagegen, dass die Not von Menschen ausge­nutzt wird, dass Menschen auf der Flucht ausgebeutet werden, aber wir sind insbe­sondere in zwei Punkten der Novelle nicht der gleichen Meinung.

In dieser Novelle soll die gerichtliche Strafbarkeit der Schlepperei verschärft werden: Es soll nämlich die Schwelle für die Qualifikation nach der Zahl der geschleppten Personen von zehn auf drei herabgesetzt werden, sodass bei Schlepperei von weniger als zehn Personen leichter die Untersuchungshaft verhängt werden kann. Zurzeit sind in Österreich rund 800 Schlepper in Untersuchungshaft. Auch dafür sind wir, das ist natürlich gut so, aber, was wir befürchten ist, dass die Senkung der Schwelle auf drei Personen nicht dazu führt, dass weniger geschleppt wird, sondern dass einfach anders geschleppt wird.

Wir befürchten, dass auch kleinere Gruppen nun wirklich lebensgefährdend versteckt werden, wie es eben schon in einigen Fällen war: zum Beispiel gerade bei diesem furchtbaren tragischen Fall der 71 verstorbenen Flüchtlinge auf der A4; dass Gruppen lebensgefährdend versteckt werden, irgendwo nach unten versteckt werden, die Luftzufuhr nicht gesichert ist und so weiter und dass es jetzt auch bei kleineren Gruppen verstärkt gemacht wird. Wir befürchten, dass ein negativer Lenkungseffekt entsteht, indem Schlepper statt auf kleinere Gruppen gleich auf Massentransporte setzen, weil es jetzt eh egal ist.

Wirklich wirksame Mittel der Schlepperbekämpfung sehen wir in Resettlement-Pro­grammen und in sicheren Korridoren für Fluchtsuchende, um legal nach Österreich und nach Europa zu kommen, um nicht schon übers Mittelmeer in Schlepperbooten fahren zu müssen, durch Klingenzäune gehen zu müssen, durch den halben Kontinent gehen zu müssen und dann noch mit Schlepper-LKWs weiter.

Der zweite große Punkt, warum wir gegen diese Novelle sind, ist die Definition von Schlepperei. In der vorliegenden Novelle des Fremdenpolizeigesetzes ist Schlepperei als bezahlt eingestuft. Das ist aber nicht in der Höhe definiert und betrifft daher auch Bagatellbeträge und sehr kleine Leistungen.

Wir haben dazu auch im Nationalrat einen Abänderungsantrag eingebracht, der leider nicht durchgegangen ist, um in die qualifizierten Tatbestände das Wort „ausbeuterisch“ miteinzufügen. Gemeint sind damit wucherisch hohe Geldbeträge oder auch sexuelle oder andere ausbeuterische Dienstleistungen der geschleppten Personen. Dadurch sollen auch höhere Strafen als derzeit möglich sein, auch wenn es nur eine Person ist, die geschleppt wird, aber das eben ausbeuterisch.

 


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